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IV. Chirurgie und Ophthalmologie.
Diagnose dieses Bruchs als so 'schwierig bezeichnen, wie es
auch dem Verf. erging, so wird man doch später mit diesen
Schriftstellern darin übereinstimmen, dass es oft, und sogar in
der Mehrzahl der Fälle, recht schwer ist, das Dasein dieser
Fractur bestimmt anzugeben, ja dass dies manchmal ganz un
möglich ist. Unter 26 Fällen, die H. ganz oder theilweise
behandelte, war 14 Mal die Diagnose unsicher. Klagt z. B.
Jemand nach einem Fall auf den grossen Trochanter, oder auf
den gestreckten Fuss, oder das Knie über fixen Schmerz in der
Hiifie und dem vordem obern Theil des Schenkels, ist dabei
die Extremität verkürzt, fällt sie nach aussen, lässt sich die
natürliche Länge und Richtung derselben durch mässiges Aus
dehnen und Einwärtsdrehen wieder herstellen und treten Ver
kürzung und nach Aussenfallen bald nach Aufhören der Aus
dehnung und dem Einwärtsdrehen wieder ein, kann Pat. nicht
gehen, auf dem leidenden Fusse nicht stehen und die Extremi
tät im Ganzen gestreckt nicht aufheben, fühlt man sogar Crepita-
tion und bemerkt man, dass der grosse Trochanter beim Ein-
und Auswärtsdrehen des Glieds kleinere Tlteile eines Kreises,
als an der gesunden Seite beschreibt, so wird jeder unterrich
tete Wundarzt die Diagnose auf Fractur des Schenkelbeinhalses
stellen. Nun lehrt aber die Erfahrung, wie trügerisch diese
Zeichen alle sind. So sagte Bojer, dass es Subjecte gegeben,
die nach dem Falle aufstehen und sogar gehen konnten , ob
gleich der Schenkelhals gebrochen war, bei Andern aber sei
die Verschiebung der Bruchenden erst eingetreten, als sie einige
Tage im Bette gelegen und er erwähnt eines Falls, wo ein
Mann sogar mehrere Tage am Stock umhergehen konnte, ehe
sich die Bruchenden verschoben hätten und führt als Ursache
dieser sonderbaren Erscheinungen das Aneinanderkeilen der za
ckigen Fracturspitzen, oder Einkeilen eines Fracturstücks in
einen Falz des andern an, wodurch V ersc hiebung der Bruch
enden bis zum gewissen Grade verhindert w erde. Diese Inein-
anderkeilung könne besonders bei Brüchen innerhalb des Kap
selbandes Vorkommen, ausserdem widerstehe das Kapselband
den Ursachen der Verschiebung und beschränke die Verkürzung
des Glieds. Branco dagegen behauptete, dass alle mitgetheil-
ten Fälle von Fractur des Schenkelhalses, in denen der Pat.
kurz nach dem Falle noch auf dem verletzten Gliede stehen
oder gehen konnte, nicht Fractur, sondern Contusion gewesen
wäre. Zum Beweise, dass Branco hierin zu weit ging, theilt
H. aus seiner Praxis'nachstehende 2 Fälle mit: 1. Ein 76jähri-
ger, armer Schuster fiel an einem Winterabende vor der Thüre
seiner Parterrewohnung auf die rechte Seite. Mit Mühe rich
tete er sich wieder auf, ging, an den Wänden sich stützend,
in sein ungefähr 15 Schritte entferntes Zimmer und legte sich
ohne alle Hülfe zu Bette. Den andern Mittag wurde H. ge
rufen. Er fand die rechte Extremität um ungefähr ^ Zoll ver-