410 111. Materia medica und Toxikologie.
III. Materia medica und Toxikologie.
199. Stechapfel gegen Rheumatismus; von Dr. Ha
cker in Leipzig. In dem Jahre 1829 verordnete ich, auf eine
in meinem Tagebuche notirte Empfehlung hin, gegen rheuma
tische Schmerzen äusserlich die Tinctuta daturae stramonii und
innerlich das Extract (gr. ij. ad 5viij. zweistündlich einen Ess
löffel). Die Fälle waren allerdings nicht von bedeutender Art,
und Betrafen grösstentheils junge Personen, besonders Studenten,
welche sich auf dem Fechtboden dem Zuge ausgesetzt hatten,
oder vor der gehörigen Abkühlung in das Freie gegangen wa
ren ; allein das Mittel half auch gewöhnlich schon nach einigen
Tagen und auf die Dauer. Das während dieser Zeit anempfohlene
Stubehüten und Diät, sowie das Einreiben der Tinctur mittelst
eines ■wollenen Lappens hatten überdies unstreitig auch ihren
Theil an dem guten Erfolge. Wenn ich nun in wenigen Wo
chen 9 Personen in die Cur bekam, und auf diese Weise be
handelte, so wunderte ich mich, dass diese Praxis plötzlich und
völlig aufhörte. Es hatte ein Student die Behandlung über
nommen, und dieser versicherte mich später, dass alle (7), ■wel
chen er meine Recepte gegeben etc., bis auf einen einzigen,
der sich nicht gehalten hätte, binnen wenigen Tagen von ihren
Schmerzen befreit worden wären. Ich habe das Mittel in den
nachfolgenden Jahren zu wiederholten Malen in ähnlichen leich
ten Fällen versucht, und — nie wieder einen Nutzen davon
gesehen. Ich habe die Mittel verstärkt, zur Bereitung dersel
ben den Saamen benutzen lassen, und nie wieder eine vorteil
hafte Wirkung beobachtet. — Ich versuche keine Erklärung,
jeder Practiker hat ähnliche Erfahrungen gemacht, und kann sie
sich, oder auch nicht, selbst erklären. — Einer 34jährigen,
übrigens gesunden, Dame verschrieb ich' wegen der unerträg
lichsten, periodisch wiederkehrenden Brustkrämpfe, nachdem ich
viele andere Mittel ganz vergeblich versucht hatte, Moschus.
Dieser half so schnell und bei jedem Anlalle, dass ich gar nicht
mehr dazu geholt wurde. Der spätere Hausarzt, welchen der
Moschus nicht anstand, verschrieb über 1 Jahr die verschieden
sten Mittel ohne allen Erfolg, bis er endlich den Bitten der
Pat. nachgab. Der Moschus zeigte aber nun nie mehr die frü
here günstige Wirkung, im Gegentheil sollen die Krämpfe dar
nach zweimal länger als gewöhnlich, angehalten haben.— Aus
mehreren nur noch ein Beispiel: Ich wurde einst von einem
40jährigen Manne wegen einer, bereits seit 3 Jahren bestande
nen, Hemiplegie der Unterextremitäten um Rath gefragt. Em
pfindung und Bewegung waren gleichzeitig aufgehoben. Es
war fast kein Mittel von einiger Indication unversucht geblie
ben. Nur Senfpflaster vermisste ich noch in dem mir über
schickten Stosse von Recepten, was mich bestimmte, für die
äusserliche Anwendung, diese in Gebrauch zu ziehen. Der