Full text: (Neueste Folge, Band 2 = 1836, No 9-No 16)

III. Chirurgie uud Ophthalmologie. 371 
ein Wort über das Benehmen in solchen Torkommen- 
den Fällen gereiht, welches auf folgendes zurückgeht; in der 
ersten Zeit seiner Praxis suchte der Yerf. so rasch wie mög 
lich einen abgehauenen Theil wieder mit dem Körper in Ver 
bindung zu setzen, weil er sich, wie allgemein angeuommen, 
schnelles Entweichen der Lebenskraft dachte und war dabei in 
einigen Fällen ziemlich glücklich, ohne genau zu wissen wie, 
oder warum. Später wurde er durch Zufälligkeiten zu einem 
sichern Verfahren und einer gewissen Ansicht des Heilungspro- 
cesses in solchen Fällen geführt und zwar wie folgt: bei einer 
bedeutenden Verwundung des Gesichts wurde erst nach einer 
halben Stunde ein Stückchen Nase gefunden. Es war ganz kalt, 
gestreckt und sah w ie Haut einer Leiche. Nach Reinigung des 
selben suchte es H. genau mit der blos Lymphe ausschwitzen 
den Wundfläche mittelst Heftpflaster in Verbindung zu bringen, 
hoffte aber nicht im Geringsten ein heilbringendes Geschäft ver 
richtet zu haben. Er liess wederkalte, noch warme Umschläge 
darüber machen, kurz, er achtete es gar nicht. Den 2. Tag, 
Abends, ungefähr 30 Stunden nach der Verwundung, betrach 
tete er diese Partie genauer und fand gegen alle Erwartung 
das Stückchen grösser, turgescirend. Er wurde nun aufmerk 
samer auf dasselbe, wendete aber örtlich nichts an, sondern 
liess es bei der allgemeinen Behandlung. Am 5. Tage nahm 
er die Heftpflaster ab und fand das Stück festsitzend. Zur 
Vorsicht legte er noch einige Heftpflaster darüber die aber nach 
den» 8. Tage, da die Wunde geheilt war, ganz wegbleiben 
konnten, ln einem andern diesem ganz ähnlichen Falle, in dem 
bedeutende Verunstaltung einer neben der Nasenverstiimmelung 
bestehenden Gesichtswunde die Kunsthülfe zuerst forderte, 
konnte das erst spät aufgefundene Stückchen nur erst nach J 
Stunden mit dem Stumpfe in Verbindung gesetzt werden , doch 
Ungeachtet des Mangels an Wärme und Turgor, der sich selbst 
durch Leerheit und tonloses Klaffen der Gefässinündungen auf 
der Wundfläche verrieth, war doch der Erfolg nicht minder 
günstig, als im ersten Falle. Ein dritter Fall, in dem der ab 
getragene Theil eben so lange und unter ähnlichen Verhältnis 
sen vom Stumpfe getrennt blieb, lieferte kein ungünstigeres Re 
sultat. Diese und mehrere andere Fälle überzeugten den Verf., 
dass das abgehauene Stück die Lebensthatigkeit nicht so ge 
schwind, wie man gewöhnlich befürchtet, verliert, dass sie 
sich im Gegentheil vielleicht mehrere Stunden erhält und das 
Anheilen nach einer gewissen Zeitfrist eher begünstigt, als 
Verhindert wird, wie sich aus den mitgetheilten Fällen ergiebt. 
Denn jedes Mal wenn ein abgehauener Theil schnell aufgefun 
den wurde, zeigte sich derselbe nach der Wundfläche gekrümmt 
uud stark zusammengezogen, was zum Theil durch das ver 
letzende Instrument, vorzüglich aber durch Einwirkung der Luit 
Veranlasst werden mag. Während eines solchen, man möchte 
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