266 II. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
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zur Ader liess, seinen Erwartungen nicht entsprechend fand. —
Lännec giebt nach einer Venäsection einen Gran Tart. stib.
in 2 Unzen Inf. fol, Auranl. alle 2 Stunden und wiederholt
diese Gabe 6 Mal, worauf er den Pat. 7— 8 Stunden ruhen
lässt. Bei höherer Entzündung setzt er das Mittel fort und
steigert die Dosis selbst bis auf 2 und 2-.‘- Gran. Meist erbre
chen sich die Kranken einige Male und bekommen am ersten
Tage 5 bis 6 Mal Stuhlgang, später lassen diese Ausleerungen
nach und oft tritt hartnäckige Verstopfung ein. Vertragen die
Kranken das Mittel nicht gut, macht es zu viele und zu starke
Ausleerungen, so setzt er Syrup. rliacod. zu. Er findet die
Wirkung nie heroischer, als wenn gar keine Ausleerungen fol
gen. Das einige Zeit nach dem Aderlässe so gern wieder auf
lodernde Entzündungsfieber lässt unter Fortgebrauche des Tart.
einet, immer mehr nach und die meisten der so Behandelten
erholten sich schneller und ohne die anhaltende Schwäche, wie
nach den übrigen Methoden. Lännec wiederholte diese Ver
suche in 2 Jahren an 57 Pneumonikern, wovon 2 hochbejahrte
Männer starben, also 1 von 28. — Der Verf. behandelte in
3 Jahren 94 Pneumoniker mit Brechweinstein. Von diesen sind
5 gestorben und er muss dabei besonders bemerken, dass die
Kranken in Bezug auf die hier mitgetheilten Beobachtungen
strenge gewählt W'urden, indem er sowohl die an Lungen - oder
Bronchiälkatarrh, oder an falscher Lungenentzündung Leidenden,
als auch die, bei denen Lungenentzündung als Coinplication zu
andern Krankheiten hinzutrat, ausschloss. Er hatte meist reine,
heftige Pneumonieen ohne Coroplication, nämlich ohne solche
begleitende Leiden, denen man ein Causalverhältniss zum Fie
ber beilegen konnte, vor sich. R. wendete anfangs auf dieselbe
Art, wie Lännec den Tart. emet. an und liess immer wieder
dem Kranken einige Ruhe, fand aber während derselben fast
immer Zunahme des Localleidens und des Fiebers, bis eine neue
Arzneigabe beide wieder verringerte, die er denn auch, je nach
den Umständen, mit abermaligem Aderlässe verband. Seitdem
giebt er das Mittel ohne Unterbrechung fort, immer so viele
Grane als Unzen Lösungsmittel und Syrup, wonach dann jeder
Löffel -j- Gr. Tart. emet. enthielt und lulir so lange fort, bis
das Uebel gehoben W’tfrJ* Interessant ist es, sich von der schnellen
Wirkung dieses Verfahrens zu überzeugen, da oft im ersten
halben Tage alle Zeichen einer Pneumonie schwinden und Pat.
nur noch über Mattigkeit, Durst und etwas Husten klagt. Doch
ist es selten mit dieser ersten Erleichterung abgemacht, wenn
man mit der Arznei aussetzt. Nach 6—12 Stunden treten wie
der Seitenschmerz, enger Athem und Fieber eiu und man muss
schnell wieder zum Tart. emet. greifen. Dass durch diese
Herabstimmung der Gefässthätigkeit sich auch die Anzeige zur
Venäsection vermindert, ist natürlich, doch darf man sich nicht
scheuen 4 bis 5 Mal den Aderlass zu wiederholen, wenn wäh-