264 II. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
gesetzt sind. Darum verhält sich in Städten, wo die Lebens
art der Geschlechter sehr verschieden ist, diess anders. Dass
Schwangere, wie Vogel angiebt, in grosse Gefahr kommen
zu abortiren und zu sterben, fand der Verf. nicht, da er blos
bei einer seiner Kranken, die fast am Ende der Schwangerschaft
war und im Verlaufe der Krankheit starb, zu frühe Geburt
wahrnahm. — Ueber die charakteristischen Zeichen der Pneu- *
monie kann man wohl keine neuern Erfahrungen mehr machen,
da sie in allen Stadien genau und oft genug beschrieben sind.
Die Erfahrung Anderer, dass zuerst allgemeine fieberhafte Be-
Avegungen eintreten und dann nach einem oder 2 Tagen erst'
Localschmerz und Beengung hinzukommen, fand R. oft bestä
tigt. Oefters stellte sich gleich anfangs Erbrechen ein, das bald
wieder nachliess und vorübergehend erleichterte. Diese sympa
thische Erscheinung im Bereiche des pneumogastrischen Nerven
könnte als Fingerzeig für die günstige Behandlung der Pneu
monie mit Tart. einet, gelten, gerade Avie manchmal das Nasen
bluten zur günstigen Anwendung des Aderlasses mahnt. Krisen
und kritischen Tagen kann R. das Wort nicht sehr reden, viel
leicht darum, weil seine Behandlung zu stürmisch ist und zu
energisch in den Verlauf der Krankheit eingreift. Andral
hat sie ziemlich in Schutz genommen: nach ihm Avurden die
meisten Pneumonieen am 7., 11., 14. und 20. Tage entschieden. "p
Hinsichtlich der Eintheilung der Pneumonie hat man früher gros
sen Aufwand gemacht. Man unterschied P. inflammatwia,
biliosa, nervosa, putrida, verminosa, metastatica, spuria etc.
Diese Eintheilungen gründen sich mehr auf die Complication
der Pneumonie und hatten Avohl manchen Einfluss auf die Be-
handlungsweise. Mehr den anatomischen Zustand der Lunge
ins Auge fassend unterschied Lännec die acute Lungenent
zündung, die partielle, den Brand der Lunge, die chronische
und die verborgene und symptomatische Entzündung. Der Verf.
hat es hier bloss mit der ersten Klasse, mit der eigentlichen
acuten Pneumonie' zu thun. In Bezug auf diese unterscheidet
Lännec Anschoppung, rothe Hepatisation und graue Hepatisa
tion oder eiterige Infiltration. Anschoppung und rothe Hepati
sation sind Avirklich als 2 verschiedene Entwickelungsstufen der
Entzündung anzusehen, diess ist aber nicht der Fall bei der
grauen Hepatisation, die als Ausgang der Entzündung in Eite- V
rung zu nehmen ist. Die hier zu beobachtende strohgelbe Farbe
der Lunge, die eiterige, beim Durchschneiden hervorsickernde
Materie, das Verschwinden der körnigen Textur sind keine ana
tomischen Zeichen von Entzündung mehr und in Rücksicht, dass
zu gleicher Zeit noch einzelne Partien hepatisirt sind, dürfte
man diesen Zustand als zAveiten Grad der Entzündung fnit Ue-
bergang in parenchymatöse Eiterung halten. Lännec’s An
nahme von der Seltenheit der Vomica muss der Verf. theilen,
da keine der vielen von ihm behandelten Pneumonieen in form-