II. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 195
acutesten Gastritis und Enteritis in ein Lazareth zu Potsdam
aufgenommen, als gerade daselbst Wechselfieber an der lages-
ordnung -waren. Das Uebel hatte denselben Morgen nach plötz
licher Erkältung bei erhitztem Körper mit kurzem Froste ange
fangen und zeigte jetzt eine Reinheit aller entzündlichen Symp
tome, wie sie der Verf. nachher in dieser Krankheit nie wie
der gesehen l^at. Der aufgetriebene gespannte Unterleib, be
sonders aber die Magengend, war so empfindlich, dass Pat,
Weder den leisesten Druck mit den Fingerspitzen, noch die
leichteste Bedeckung ertragen konnte und jede Bewegung, die
Respiration, die dadurch kurz und ungleich wurde, ja selbst
das Reden ängstlich vermied. Dabei klagte er über unerträg
liches Brennen im, Magen mit dem unersättlichsten Durste, den
er, wenn er auch unter beständigen Vomituritionen alles Genos
sene unter dem grössten Schmerz - und Angstgefühle gleich wie
der ausbrach, doch immer von Neuem zu stillen suchte. Aus
serdem war der Stuhl schon einige Tage verstopft, der Puls
sehr schnell, ziemlich klein, hart und auf dem bald blassen,
bald rothem Gesichte mit glänzenden, gerötlieten Augen die
grosse Angst deutlich ausgedrückt. Dies war in den Grundzü
gen das Krankheitsbild. Obgleich der Verf. damals bei jedem
neuen Erkrankungsfalle, gewohnt, die Intermittens unter den
Verschiedensten Gestalten zu sehen, sogleich an Wechselfieber
und Chinin dachte, so war er doch weit entfernt, hinter die
sen klar ausgedrückten, entzündlichen Erscheinungen bei einem
kräftigen, jungen Manne ein solches Fieber zu vermuthen und
dachte daher vielmehr darauf, den drängenden Symptomen durch
schnelles, kräftiges antiphlogistisches Handeln zu begegnen.
Demgemäss wurde eine reichliche Venäsection gemacht, dann
hO Blutegel auf die Regio cpigastrica gesetzt und die Nach
blutung im warmen Bade unterhalten. Da Kalomelpulver und
Delemulsion mit Aqu. Laurocerasi immer wieder ausgebrochen
"’urden, so stand St. auch bald von jeder innerlichen Behand-
htng ab und suchte nur noch , da auch Cataplasmata und warme
Romente vom schmerzhaften Unterleibe nicht vertragen wurden,
durch Klystiere ausleerend und ableitend zu wirken. Wirklich
•ie&sen auch nach Mitternacht und beim Beginn des Morgens
stürmische Erscheinungen und Schmerzen allmählig nach und
Verloren sich im Laufe des Tags bis auf zu ertragende, geringe
Empfindlichkeit des Bauchs und grosse Abgeschlagenheit des
ganzen Körpers, so dass man wohl diese Besserung auf Rech
nung der energischen Behandlung bringen und dem Kranken
zur Genesung von einem Leiden der Art Glück wünschen konnte.
och am folgenden Morgen, dem 3. der Krankheit, fast um
Uleselbe Stunde wie das 1. Mal, wurde St. schnell zu dem
«Ranken, den er erst vor einer Stunde noch im erwähnten
Wohlsein verlassen hatte, gerufen und er sah nun die ganze
Cene von vorgestern sich nach einem heftigen Schüttelfröste in