Full text: (Neueste Folge, Band 3 = 1836, No 17-No 24)

2 I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 
sich nicht, der Durst ist oft enorm, oft massig. Im Anfänge 
der Krankheit kanu Pat. noch passend antworten, später ver 
mengt er Alles mit den Bildern seiner aufgeregten, verwirrten 
Phantasie, oft auf so komische Weise, dass selbst der Ernst 
hafteste lächeln muss. Diese Symptome befallen den Kranken 
nicht auf einmal und plötzlich, sondern es gehen ihnen Vorbo 
ten voraus, die jedoch der Arzt seltener beobachtet, theils weil 
Pat. sie selbst zu verbergen sucht, theils aber und vornehm 
lich, weil sie mehr auf psychischer Verstimmung beruhen, ge 
gen die man meist erst dann Hülfe sucht, wenn sich auch 
Zeichen eines körperlichen Uebelbefindens einstellen. Diese 
Vorboten nun sind nach der geistigen und körperlichen Indi- 
\idualität sehr verschieden. Der Eine wird fast bis zur Ausge 
lassenheit heiter, ein Anderer ist in sich gekehrt und nieder 
geschlagen und nur das haben Alle mit einander gemein, dass 
sich in ihrem ganzen Wesen etwas Fremdartiges, was ihrem 
sonstigen Charakter nicht angemessen ist, zeigt. Phlegmati 
sche bieten in ihrem geistigen Zustande oft nur wenige Verän 
derungen dar. Nach und nach steigern sich diese Vorboten 
bis zu den Symptomen des ausgebildeten Delirium tremens, das, 
wie es überhaupt den Uebergang zu bilden scheint von den 
Krankheiten des Leibes zu denen der Seele, nun auch Analo- 
gieen mit den verschiedenen Formen der Seelenstörungen zeigt. 
Diese Formen sind: Manie und Melancholie, selten Narrheit, 
die sich dann gewöhnlich durch eine gewisse Schalkhaftigkeit 
ausspricht. Das Zittern der Hände theilt sich nach und nach 
dem ganzen Körper mit, das Sensorium wird mehr nnd mehr 
umwölkt und beständige Unruhe, ewige Jactationen und Hallu- 
cinationen treten ein. Gewöhnlich kommen diese Erscheinun 
gen gleichzeitig mit einander vor, in einem Falle aber, den 
Steudel beobachtete, wechselten beide pathognomische Zei 
chen mit einander ab, so dass Pat. bei Tage zitterte, bei Nacht 
ddirirte. Der Schlaf verschwindet; Pat. will immer aus dem 
Bette springen, um seine Geschälte, deren ihm die erregte 
Phantasie zu Hunderten vorhält, zu besorgen ; mit den Händen 
ahmt er oft die während seiner gesunden Tage gewöhnlichsten 
Manipulationen nach und zugleich ängstigen ihn die verschieden 
artigsten Bilder. Dazwischen hinein scheinen dunkle Reininis- 
cenzen von dem, was er in gesunden Tagen getrieben, die 
Phantasie zu beherrschen und ihnen ein eigenthiimliches Ge 
präge aufzudrücken. Der Puls ist auf der Höhe der Krankheit 
wandelbar, bald voll, gross, so dass man einen Aderlas für 
angezeigt halten könnte, bald klein, zusaminengezogen, leer, 
fadenförmig. In diesem Stadium, das S. Stadium erethicum 
nennen möchte, stellen sich oft starke Congestionen gegen das 
Hirn ein, die sich nicht selten wie apoplectische Anfälle ge 
stalten und seltener allgemeine, fast immer aber örtliche Blut 
entziehungen fordern. Dieser bedauernswürdige Zustand hält
	        
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