Full text: (Neueste Folge, Band 3 = 1836, No 17-No 24)

V. Staatsarzncikunde. 
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Liebe nicht viel zu leisten. — Beklagter dagegen ist ein jun 
ger, feuriger, kräftiger und gesunder Mensch mit gut ausge 
bildeten Hoden: und solche Männer pflegen ein starkes Begat- 
tungsvermögen zu haben, -welches, häuiig geübt und durch leb 
hafte Phantasie und physische Genüsse genälirt, leicht übermäs 
sig wird. Uebermässig kann nur der Geschlechtstrieb genannt 
werden, welchen die Frau nicht ohne anhaltende Schmerzen 
oder nicht ohne Schaden an ihrer Gesuudheit ertragen kann. 
Durch den Beischlaf werden vorzüglich die Nerven in Anspruch 
genommen, und der geschlechtlich Aufgeregte muss ein ange 
nehmes Entzücken empfinden. Allein auch nach dem Beischlafe 
dürfen entweder gar keine, oder es müssen angenehme Empfin 
dungen Zurückbleiben. Wo dies nicht der Fall ist, liegt etwas 
Widernatürliches zum Grunde, und wo gar statt der angeneh 
men Empfindungen Schmerzen Zurückbleiben, da ist der Bei 
schlaf für den leidenden Theil verderblich. Klägerin klagt über 
Rücken - und Leibschmerzen, die sie nach jedesmaliger eheli 
cher Umarmung empfunden. Ihre Genitalien sind normal gebil 
det, gesund und denen ihres Gatten analog: von da aus können 
die Schmerzen nicht gehen, wie Klägerin auch selbst zugiebt. 
Allein bei schwachnervigen Personen, zu denen Klägerin ge 
hört , wird durch häufigen Beischlaf die Sensibilität krankhaft 
erhöht, wodurch leicht Lokalschmerzen entstehen können und 
jedes Mal anhaltende Nervenschwäche begründet wird. Die 
Mattigkeit der Klägerin könnte man auch auf Rechnung der 
bald nach der Brautnachtsfeier erfolgten Schwangerschaft setzen; 
jedoch Hesse sich dagegen mit Fug und Recht erwidern, dass, 
da sich alle krankhaften Erscheinungen, bis auf den Husten 
mit Brustschmerz, und bis auf die Abmagerung, der fortschrei 
tenden Schwangerschaft ungeachtet, verloren haben, seitdem 
sich Klägerin des Beischlafes enthalten, diese Mattigkeit, wel 
che nach jedesmaligem Geschlechtsgenusse fühlbarer wurde, 
nebst den andern krankhaften Erscheinungen einen andern Grund 
haben müsse. Da sich nun in den Lebensverhältnissen der Klä 
gerin weder etwas Moralisches noch Physisches findet, wodurch 
die Gesundheit derselben soweit herunter gebracht werden konnte, 
so nahmen wir den übermässig gepflogenen Beischlaf um so 
mehr als den Grund davon an, da er nach allgemeiner Erfah 
rung solche Folgen haben kann, und resultirten daraus: 1) dass 
Klägerin, vermöge ihrer schw ächlichen Körperbeschaffenheit und 
ihrer negativen Gesundheit, dem Gatten den häufigen Beischlaf 
nicht mehr gewähren kann, ohne sich vollends zu Grunde zu 
richten. Allein da Klägerin vor ihrer Verheirathung stets frisch, 
inunter, gesund und wohl imStande war, durch Handarbeit und 
körperliche Anstrengungen der menschlichen Gesellschaft nütz 
lich zu werden und sich ihren Unterhalt zu erwerben; da sie 
e rst in der Ehe und namentlich durch zu häufige Begattung so 
elend wurde; da sie erst 24 Jahre zählt und dies gestörte Wohl
	        
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