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IV. Gynäkologie und Pädiatrik.
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konnte. Gegen Abend fingen die convulsivischen Bewegungen
wieder an, Anfangs nur durch Verdrehung der Augen und Hin-
und Herwerfen des Kopfs sich verrathend. Allmählig wurden
sie aber, indem sie jetzt gewöhnlich von Viertel- zu Viertel-
Stunden eintraten, heftiger und erschienen bald als clonische,
bald als tonische Kräinpfe in den verschiedensten Formen. So
währten sie die Nacht, den ganzen andern Tag und bis zum
3. Tage gegen Mittag 12 Uhr, wo die Wöchnerin starb. Alle
Mittel waren fruchtlos geblieben und keins batte besondere Er
leichterung gebracht. Sie bestanden in Aderlässen, Blutegeln
an den Kopf, kalten Fomentalionen auf denselben, geschärften
Sinapismen und Vesicantien auf Nacken , Oberarm und Waden,
Opium, Castorcum, Ammonium, Moschus. Das Leiden hatte
somit 48 Stunden gewährt und schrecklich war in dieser langen
Zeit, mit wenigen Unterbrechungen, die Convulsionen dauern
zu sehen, während, seit die Geburt aniing, das Bewusstsein
ganz erloschen war. Aber eben dieser beständige Sopor, die
Unempfindlichkeit gegen äussere Reize, deuteten auf tiefes Lei
den der Centraltheile des Nervensystems und gestatteten gleich
vom Anfänge keine andere, als die ungünstigste Voraussagung.
Auffallen musste es, dass bei der Section das Hirn kaum eine
krankhafte Veränderung darbot, die diesem schweren Leiden
gehörig entsprach. Weder besondere Blutüberfüllung in den
Gefässen, noch Erguss von Blut, oder wässriger Flüssigkeit auf
der Oberfläche und in den Höhlen des Hirns war zu bemerken
und auch sonst nichts Abnormes an der Hirnmasse zu sehen.
Nur die Zirbeldrüse war grösser und in der Farbe verändert.
Das Rückenmark durfte nicht untersucht werden, doch konnte
man allenfalls ermitteln, dass auch hier keine Flüssigkeit er
gossen war. Da auch die übrigen Höhlen zu eröffnen nicht zu
gegeben wurde, so lieferte diese Section leider in Bezug auf
die Heftigkeit der Zeichen keine weitere Aufklärung. Ob etwa
gar der gewiss krankhafte Zustand der Zirbeldrüse, so unbe
deutend er auch Manchem scheinen möchte, den Grund des
Leidens in sich enthalten hat? — Schliesslich macht B. noch
auf einen Gegenstand aufmerksam, der ihn in der jüngsten Zeit
besonders auffiel; es ist dies das Verhältniss dieser Eclampsie
der Gebärenden zur Epilepsie. Obgleich man dem äussern
Scheine nach glauben sollte, dass beide Uebel sich in ihrem
Wesen ganz nahe berühren müssten, so scheint doch im Ge-
gentheile gerade wesentliche Verschiedenheit zwischen beiden
zu bestellen und keine Verwandtschaft unter denselben Statt
zu finden, was folgender Fall bestätigt: eine Erstgebärende
von sehr zartem Körper und schwächlicher Constitution, die
8 Jahre an epileptischen Anfällen oft, und besonders zur Zeit
der Periode litt, war während der ganzen Schwangerschaft frei
von diesem Uebel und völlig wohl. Eine ziemlich schwere
und langsame Entbindung, so wie künstliche Trennung des meist