456 I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
dies Mal unter geringeren Anstrengungen hinunter. Die Frequenz
des grossen, vollen, nicht gespannten Pulsesstieg auf88 Schläge. Die
sulfocatorischen Anfälle traten seltener und gelinder ein. Gegen
12 Uhr brach allgemeiner, reichlicher Schweis» aus. Pat. er--
hielt die 5. Drachme Tinct. opii, welche die Elevation des Pul*
«es vermehrte, ohne die Frequenz zu steigern. Bei der Grösse
und Kraft des Pulses schien es gerathen, 20 Unzen Blut weg
zulassen, was auch geschah, doch ohne dass dadurch der Puls
merklich verändert oder Pat. auffallend erleichtert wurde. Nur
der vorher schon eingetretene Schweiss wurde danach reichli
cher. Um 1, 2 und 3 Uhr erhielt Pat. dieselben Gaben Tinct.
opii. Die Krankheitssymptome änderten sich in dieser Zeit
durchaus nicht. Es fand dieselbe, doch keine grössere Schwie
rigkeit beim Herunterschlucken der Flüssigkeit statt, es trat die
freiwillige Beklemmung und Strangulation keineswegs in kurzem
Zwischenräumen ein, nach oder •£- Stunde, Frequenz und
Beschaffenheit des Pulses änderten sich kaum merklich und
auch die Erweiterung der Pupillen blieb dieselbe. Schwer und
eingenommen wurde der Kopf nicht, doch schien die Schläfrig
keit grösser. Die Stimmung war fortwährend ruhig. Die Zunge
blieb feucht, wiewohl der quälende Durst anhielt. Urin wurde
2 Mal ohne alle Beschwerden gelassen. Seit 12 Uhr bemerkte
man im Athmen und der Hautausdünstung den Opiumgeruch.
Gegen 3 Uhr trat Neigung zum Schlafe ein, doch, wenn auch
Pat. wiederholt einschlief, unterbrach doch stets wieder Be
klemmung den Schlaf. Der Puls hatte 92 Schläge und war gross,
voll, gespannt, doch stets regelmässig. Um 4 Uhr erhielt Pat. die
9. Gabe Tinct. opii. Weder der Puls, noch die übrigen Symptome
wurden dadurch verändert. Eingenommenheit des Kopfs oder
Schläfrigkeit waren nicht zugegen und die Pupillen blieben, w ie
früher, ausgedehnt. Der Schweiss hielt an. Um 5 Uhr wurde
die 10. Drachme Opiumtinctur gereicht. Auch danach wurde
das Befinden nicht wesentlich verändert, es traten sogar Be
klemmung und Herzensangst, die in den vorhergehenden Stunden
lüiuliger gewesen, seltener ein. Active Congeslionen nach oben
durch das Opium wun den nicht w ahrgenommen. Morgen 6 Uhr
verschluckte Pat. die 11. Drachme Tinctur, allerdings unter
grosser, doch nicht grösserer Anstrengung, als früher. Schlund
krämpfe und Beklemmung waren eher vermindert, die Stimmung
günstig und dje Hoffnung auf Wiederherstellung ungeschwächt;
der Puls hatte 84 Schläge; der Schweiss hielt an. Um 8 Uhr
gab man die 13. Drachme Opiumtinctur. Als einzige Zeichen
der Opiumwirkung konnte man profusen Schweiss und Grösse
und Fülle d< s Pulses trotz 2 Aderlässen betrachten. Farbe und
'l’urgor des Gesichts waren normal, das Sehen weder ge
schwächt, noch sonst gestört und Gehör und Sensorium ganz
frei. Die Stimmung war eher günstiger, da Beklemmung und
Schlundkrampf allerdings selten eiDgetreten und rascher vorüber-