Full text: (Neueste Folge, Band 3 = 1836, No 17-No 24)

I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 451 
hen, während unter dem Einflüsse derselben Epidemie nicht 
Geimpfte von den Varicellen oder Varioloiden in mildester Ge 
stalt heimgesucht wurden. — Lebt in einem Zimmer neben 
einem Pockenkranken ein ungeimpftes Kind, so erhöht inan die 
Disposition des letztem zur Ansteckung offenbar dadurch, dass 
jaan ihm, um es in der Eile zu schützen, die Kuhpocken ein- 
j m pft. Man kann fast immer erwarten, dass bald darauf bei 
ihm die echten Pocken ausbrechen werden: doch trägt die Vac- 
cination wesentlich dazu bei, den Verlauf dieser Pocken zu 
toodificiren und sie milder zu machen. Lässt man dagegen das 
Kind, weil man diese Erhöhung der Empfänglichkeit fürchtet, 
Ungeimpft, so überlässt man es einer weit misslicheren Unge 
wissheit, denn es unterliegt, wofern es die Menschenpocken be 
kommt, viel wahrscheinlicher. Der Verf. hat beide Fälle oft 
nebeneinander wahrgenommen und entscheidet sich unbedingt 
für eilige Vaccination. — In der in Rede stehenden Epidemie 
starben nur solche Kranke, die entweder sehr arg mit Pocken 
übersät waren und bei denen sie Zusammenflüssen und die nö- 
thige Thätigkeit der Haut wie bei ausgebreiteter Verbrennung 
unterdrückten, oder sehr lebensschwache, cachectische Kinder. 
Auch die von den Pocken ergriffenen Erwachsenen waren sämmt- 
lich schwache, im Elende lebende, durch Sorgen und unzurei 
chende Nahrung entnervte Menschen. Einige hatten schon frü 
her die ächten Pocken gehabt. Bei einem erst einige Wochert 
alten Kinde, das bald starb, flössen die Pocken im Gesichte 
zusammen und obgleich sich das Kind nicht kratzen konnte, 
ging die Oberhaut auf, wurde abgeworfen und das ganze Ge 
sicht stellte ein grosses Geschwür dar, dessen scheusslichen Ge 
stank man nur durch Ueberschläge einer schwachen Chlorkalk 
aul lüsung überwand. — Eine besondere Plage waren nicht 
selten Pocken an den Fusssohlen, die bei diesen im Sommer 
barfuss gehenden Leuten sehr dicke, hornartige Oberhaut hat 
ten. Meist gehörten über 5 Tage dazu , ehe sich der Aus- 
schlag durch diese dichte Wand Bahn brach und unterdessen 
litten die Kranken am fürchterlichsten Jucken und Brennen, das 
keine Minute Schlaf zuliess. Cataplasmen und ölige Einreibun 
gen linderten etwas. — Unreine, bei Armen dem Arzte im- 
teer Schwierigkeiten machende Luft stand in dieser Epidemie dem 
VerL um desto häufiger im Wege, als er fast nur mit Webern 
thun hatte, deren Gewerbe es mit sich bringt, dass kein 
Penster offen stehen darf, weil sonst ihre mit Kleister befeuch 
tete und stark danach riechende Arbeit trocknet und schlecht ge- 
fäth. [Med. Zeit. v. Vereine f. Heilk. in Pr. 1836. Nr. 47.j 
218. Kampf zwischen Scharlach und Pocken; 
von ZL-. Glehn in Petersburg. Während der Scharlachepide- 
! nie i- J. 1834 und als gleichzeitig Scharlach- und Pockenkranke 
Vj 1 Lazarethe des Seekadettencorps waren, wurde daselbst am 
*2. Nov. ein Kadett wegen einer Brandblase aufgenommen, die 
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