450 1. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
3) Auch 1835 kam ein anderer derartiger Fall dem Verf. vor.
Ein starker ungefähr 36jähriger Bote zog sic!) durch eine Er
kältung heftigen Frost zu, zu dem bald die heftigsten Schmer
zen in der ganzen linken Seite des Unterkiefers mit den wü-
thendsteu Zahnschmerzen kamen, die den Quotidiantypus hielten,
besonders Mittags anfingen und bis tief in die Nacht fortwähr
te ti. K. Hess 9 Grau Chin. suJph. und 3 Gran Opium in 6 Pul
ver theilen und davon alle halbe Stunden ein Stück so nehmen,
dass eine Stunde vor dem Anfalle alle 6 Pulver genommen
waren. Nächst dem Hess er in den Nacken und hinter das
Ohr der leidenden Seite ein Vesicator setzen und auf die so
enthäuteten Stellen eine Salbe aus 2 Gran Morph, acet. und 1
Drachme Fett legen. Es trat darauf ruhiger Schlaf ein und
seitdem hat sich von diesem Uebel keine Spur mehr gezeigt.
\ Jtu.ii's Magaz. J. d. ges. Heilk. Bd. 48. I/ft. 1.]
217. Kurze Bemerkungen über Pocken; von J)r.
TnoscHEt in Berlin. In 6 Wochen hat T. in einem von vie
len armen Familien bewohnten Hause im Spätsommer 1836 eine
Pockenepidemie beobachtet. Das Haus liegt ausserhalb der Bing
mauer Berlins in einer gesunden Gegend und seine Bewohner, nahe
an 2000, halten sich im Allgemeinen für gesund, obgleich das Elend,
«lern sie durchgehends unterworfen sind, manche Anlage zu Krank
heiten liefert. Besonders haben die die Stadt überziehenden Kpide
mieen sich nie in diesem Hause sehr geltend gemacht und namentlich
sind in demselben an der Cholera nur Wenige gestorben. Die
Pocken aber hatten sich dies Mal, wältrend in der Stadt nur
wenige vereinzelte Fälle zeigten, hier eingenistet. Die
Kranken waren, wenige ausgenommen, vaccinirt gewesen; die
meisten Kinder, die befallen wurden, hatte T. sogar erst einige
Wochen oder Monate vorher geimpft und auch Erwachsene
waren geimpfte. Doch waren die Impflinge fast sämmtlich le
bensseh \\ ache, schlecht genährte Kinder, denen es bei mangel
hafter Pflege besonders an warmer Bekleidung und Reinlichkeit
fehlte. Die Kuhpocken konnten bei so ungünstiger Constitution
nicht kräftig ablaufen, kein deutlich ausgeprägtes und vollgül
tiges Exanthem liefern und innerhalb des Körpers keine hinrei
chende Keaction erwecken. Die schwächlichen Producte der
Impfung versagten deshalb den Schutz vor der Pockenanste
ckung. — Fast durchgehends beobachtete T. zu gleicher Zeit
Uebergangsformen aller Art von der leise angedeuteten Vari-
ceile bis zur mörderischen Menschenpocke, sowohl hinsichtlich
der Gestalt und Grösse des Ausschlags, als des Fiebers und
anderer Symptome. Er glaubt daher an Nichts so gern, als an
Modilication der Pocken. Dieselbe w ird aber nicht nur durch
Impfung, sondern auch durch Constitution, Ernährung, Lebens
art und andere Umstände veranlasst. Der Verf. sab Geimpfte
von den Meiischenpocken im heftigsten Ungestüm und ganz of
fenbarer Form olme alle Verlarvung befallen und daran ster-