I. Pathologie, Therapie und mcdicinische Klinik. 403
wurde, hatten die Schmerzen abgenommen und Nachmittags tra
fen sie verschwunden. Der Leib blieb ausgedehnt und man
bemerkte in ihm keine Bewegungen. Blähungen gingen nicht
ab, Urin nur wenig. Pat. lag still, scheinbar beruhigt, ja ge
bessert. Geniessen konnte er nicht einen Tropfen, ja sogar Opium-
tinctur auf Zucker wurde bald weggebrochen. Um 1 Uhr fand
E. den Kranken im ganzen Wesen verändert. Der Unterleib
war hoch aufgetrieben, tönend, steinhart, fast unempfindlich,
der Puls klein, schnell, häufig, zitternd, der Körper über und
über zwar gleichmässig warm, doch mit klebrigem Schweisse
bedeckt und das Gesicht verfallen. Das Bewusstsein war ganz
Ungestört, es fand sich keine narcotische Betäubung, kein Kopf
schmerz. Pat. hatte ein Klystier von Wasser mit Tinct. opii
genommen und dasselbe etwa 5 Minuten angehalten, dann ging
er scheinbar kräftig auf den Nachtstuhl und entleerte es schnell
— es war wasserhell und vom Opium gelblich gefärbt. Ein
Schluck Selterser Wasser, mit dem er den grossen Durst stil
len wollte, kam fast rein aus dem Magen zurück. Nachmittags
6 Uhr lag Pat. ohne Hoffnung da. Die Extremitäten waren
kalt, die Pulse klein, fast unfühlbar, der Unterleib war un
empfindlich, es fand sich völlige Schmerzlosigkeit, ja Unem
pfindlichkeit, das Gesicht war verfallen etc. Pat. wünschte
ein warmes Bad. Man bereitete es, doch konnte er nur wenige
Augenblicke darin bleiben. Abends 9 Uhr erlosch das Leben
bei vollem Bewusstsein, nachdem sich kurz zuvor nach Kolik-
anfälle mit grosser Angst gezeigt hatten. Der Leichnam war
schon am nächsten Morgen blauroth und zeigte Spuren der na
benden Verwesung. Nachmittags 6 Uhr wurde die Section vor-
genommen, bei der man, nachdem man durch einen Troikar-
stich aus dem steinharten Unterleibe eine Masse nicht stinken
der Luft entfernt hatte, nur den Unterleib als offenbaren und
alleinigen Sitz der Krankheit öffnete. Der Darmkanal war von
Euft gleichmässig und vom Austritt aus dem Magen bis zum
Blinddarm (Duodenum , Jejunum und Ileum) wie eine gefüllte
VV urst ausgedehnt. Hierdurch und hierdurch allein War seine
Beschaffenheit verändert; alle seine Windungen waren straff
ausgespannt nnd man durfte annehmen, dass eigentliche Muskti-
larthätigkeit nur unvollkommen und zuletzt überhaupt gar nicht
batte Statt finden können. Beim Herauslassen der Luft aus dem
Vorsichtig exenterirten Darmkanal fiel derselbe zwar zusammen,
er War aber in der ganzen Ausdehnung mit dunstigen, fäculen-
ten, grau-griineit Stoffen erfüllt, die nicht abnorm, am wenig-
ste » cadaverös rochen. Schon in situ erschien der Dickdarm so
verändert, dass dessen Querstiick und dessen herabsteigender
fheil (Co/o« transversum und descendens, Flexura secundci)
ei »em weit ausgedehnten Magen glich. Der Blinddarm war
'"'Scheuer erweitert und in einen grossen Sack verändert; er
batte im grössten Durchmesser 10£ Zoll nnd aus ihm stieg das
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