II. Materia medica uud Toxikologie.
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und Oeterlen beobachteten, eben so die vorübergehenden
Harnbeschwerden, die Reinhardt erwähnte; ferner die von
Lembert, Richter, Reinhardt u. A. beobachten Muskel-
contractionen, obschon diese hier während der endermatischen
Anwendung des Strychnins sich zeigten uud dem Anscheine
nach wenigstens keinen unmittelbaren Einfluss auf Hebung der
Lähmung hatten. Dass dabei aber die Fontanelle das Ihrige zu
dem bald erfolgten Rückbildungsprocesse des Uebels beitrug,
lässt sich wohl nicht bezweifeln, daher dürfte es vielleicht in vor-
kommeuden ähnlichen Fällen gut seyn, beide Mittel mit einander
anzuwenden. [Med. Corresp. Blatt des württ. ärztl. Vereins.
Bd. VI. Nr. 40.]
160. Ueber die Anwendung des Kali hydrio-
dicmn gegen secundäre Lustseuche; vom M. R. Dr.
Ebers in Breslau. (Schluss S. Summar. N. F. Bd. III. Nr.
132.) I. Ein 20jähriges öffentliches Mädchen, das schon frü
her, und zwar ohne Behandlung im Hospitale, syphilitisch ge
wesen war, litt, als sie ain 20. Oct. ins Spital kam, bereits au
secundären Zufällen, an Nodis, Tophis, Gummatibus und nächt
lichen Knochenschmerzen. Nach Sublimat nahmen die Zufälle
ab und man konnte sie, da sie unter einer Art Aufsicht stand,
®m 30. Nov. entlassen, doch sie lebte wieder liederlich und
kehrte am 15. Dec., unter Vermehrung aller ihrer Leiden, in
die Anstalt zurück. Am auffallendsten waren: Auftreibung der
Längenknochen der Unterschenkel, namentlich der Schienbeine,
besonders des rechten, der Ulnarknochen und deren Köpfe im
Ellbogengelfinke; auch zeigten die Mittelfuss- und Mittelhand
knochen dieselbe, wenn auch nur beginnende Auftreibung und
damit waren, zumal Nachts, die furchtbarsten Knochenschmerzen
(Periostitis syphilitica chronica) verbunden. Nach einander
■Wurden Hunger- und Schmiercur, Zittmannsches Decoct uud
dann wieder Sublimat angewendet, allein ohne sichtlichen Er-
f°Ig; es trat vielmehr hectisches Fieber ein, welches das Leben
bedrohte, während die syphilitischen Beschwerden dieselben
blieben. Pat. wurde nun während des medicinisch-clinischen
Kursus clinisch behandelt und in dieser Zeit wurden meist Mit
tel angewendet, die auf die Vorsorge, die der allgemeine Zu-
8 *and erheischte, sich bezogen, namentlich Mineralsäure. Nach
dem Schlüsse des Cursus wurde das fortdauernd sehr kranke
Und wenig gebesserte Mädchen auf die innere Station des Hospi
tals verlegt. Der grossen Schwäche ungeachtet, waren doch
die eigentlichen Leiden so vorstechend, die Knochenauftreibun-
so bedeutend und die Schmerzen, zumal Nachts und selbst
bei leichter Berührung, so heftig, dass, nach vergeblicher An
wendung der Salpetersäure, nichts übrig blieb, als noch einmal
eine Mercurialcur anzuwenden. Die Kranke brauchte den ro-
then Präcipitat nach Berg in steigender Gabe mit Anlim. crud.
tuit völliger Consequenz und w urde vom 30. März bis 9. Mai