Full text: (Neueste Folge, Band 3 = 1836, No 17-No 24)

344 
II. Matena medica und Toxikologie. 
Extremitäten liatten einige Contractionen, neben periodisch sich 
zeigender oscillirender Bewegung der Muskeln, besonders der 
Füsse, und in den Fingern ein beständiges Gekrabbel, wahr 
scheinlich Mirmecismus, Statt, Respiration, Herzschlag und Puls 
waren normal, beim Uriniren fand sich einige Tage Brennen 
und die Verdauungskraft war noch uugeschwäclit. R. beschloss 
I nun die bisher äusseiiich erfolglos angewandte Strychnine inner 
lich und zwar täglich zuerst 3, dann 4 Mal zu •§■ Gran mit 
Zucker abgerieben zu geben und iu der Gegend des 4. Lenden- 
' wirbels eine Höllensteinfontanelle nach Hauff’s Angabe ein- 
richteu zu lassen. Schon nach 8 Gaben oder I Gran, die l'at. 
innerhalb 3 Tagen nahm und während der beginnenden Eite 
rung des Fontanells traten heftige, über den ganzen Körper 
verbreitete Schweisse ein und die Haut erschien nach diesen 
über den ganzen Körper gleichmässig roth, wie ein gesottener 
Krebs, welches nicht erhabene Exanthem sich nach 6 Tagen 
allmählig wieder unter unbedeutenden Spuren von Abschuppung 
verlor. Nach 8tägigem Gebrauche der Strychnine — es wur 
den dieselben Pulver noch einmal wiederholt, also 2 Gran in 
8 Tagen gegeben — und während der starken Eiterung der Fon 
tanelle konnte Pat. wieder einige Finger der rechten Hand be 
wegen. Mitte Mai konnte er mit dieser Hand den Löffel hal 
ten und zum Munde führen. Allmählig erhielten auch der linke 
Arm und dann die untere Extremität ihre Bewegungsfähigkeit 
zurück; gleichzeitig stellte sielt auch das Sprachvermögen wie 
der her, die Pupille wurde empfindlicher, zog sich auf Reize 
zusammen, die Sehkraft stärker (das Zwitzern in den Augen 
verlor sich nach Aufhören des Gebrauchs von Strychnin) und 
( Ende Mai’s konnte der Knabe wieder so weit gehen, dass er 
nach einigen Wochen die Schule wieder besuchte. Die Fonta 
nelle, die 4 Wochen anhaltend geeitert hatte, schloss sich auf 
Anwendung von Digestivmitteln. Ein Rückfall trat nicht ein 
und heute noch befindet der Knabe sich wohl. — Unstreitig 
gehört der eben mitgetheilte Fall hinsichtlich seiner Form, wie 
auch des günstigen Ausgangs und der dabei benutzten Mittel za 
den interessanteren. Aber, werden Viele fragen, warum 2 so 
ausgezeichnet wirkende Mittel zugleich anwenden und sich da 
durch die Gewissheit für die Heilkraft des einen oder andern 
rauben? Der Verf. findet diese Frage ganz in der Ordnung, 
glaubt aber darin einige Entschuldigung zu finden, dass es über 
haupt schwer ist, sich bei dem in dieser Beziehung noch so 
indolenten Landmann Eingang für einen länger dauernden Heil 
plan zu verschallen und deshalb glaubte K., um seinen Zweck 
desto schneller und sicherer zu erreichen, beide Verfahren mit 
einander verbinden zu müssen. Dass aber hier der innere Gebrauch 
des Strychnins entschieden zur Hebung des Uebels beitrug, zeigt 
der bald darauf eingetretene profuse Schweiss und das über die 
ganze Oberfläche verbreitete Exanthem, das auch Kreuser
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.