II. Materia medica und Toxikologie* 339
wurde der Stein beweglicher und rückte in die Fossa navicu-
lans vor; der schleimig-blutige Ausfluss blieb und der Harn
ging unwillkürlich ab. Jene Lage behielt der Stein 10 Tage;
dann rückte er in die Harnröhrenmündung vor; war aber im
mer noch nicht zu fassen. Durch Fortgebrauch erweichender
Umschläge u. dergl. Einspritzungen trat er endlich so >veit vor,
dass er gefasst und herausgezogen werden konnte. Der Harn
floss sogleich reichlich und strahlenförmig ab und die zurückblei
bende Schwäche der Haruorgane wurde durch Bäder und Ein
reibungen gehoben. Der Stein war hellbraun, höckerig, sehr
compact, wie ein Pfirsigkern gestaltet, 1 Zoll lang und £ Zoll
im Durchmesser breit. — Man hat bisjetzt gelehrt: 1) bei
dringenden Anzeigen zur sofortigen Entfernung des Steines, z.
B. bei vollkommener Harnverhaltung, bei sich bildender Ent
zündung und zu befürchtender Harnfistel, und bei Eirisackung
des Steines, die Urethra zu trennen. 2) Bei Mangel dringen
der Zufälle die Urethra durch immer stärkere Bougies bis an den
Stein zu erweitern und diesen dann auszuziehen. Gegen den
2. Lehrsatz hat unser Verf. Mancherlei einzuwenden. 1) Hat
die Naturkraft den Stein durch den engern Theil der Urethra,
durch den Isthmus urcthrae getrieben, warum soll sie ihn nicht
ganz ausstossen können? 2) Durch das Einbringen immer
dickerer Bougies wird die Urethra nicht so erweitert, dass sie
zur Entfernung des Steins geschickt werde. Diese Erweiterung
ist nicht naturgemäss: die Urethra wird dadurch vielleicht ge
lähmt und die tendirte Ausziehung des Steins ist dem Verfah
ren der Naturkräfte e diamctro entgegengesetzt. 3) Die gelun
gene Steinausziehung ist nicht allein der mechanischen Wirkung
des Instruments, sondern vorzüglich dem dynamischen Reize auf
die Faser der Urethra zuzuschreiben. 4) Die Anwendung der
Instrumente ist für Pat. äusserst schmerzhaft und nicht ohne
Unangenehme Folgen. Der einfache Schnitt bei blutiger Tren
nung der Urethra dürfte vielleicht die wenigsten Übeln Folgen
haben. — Aus obigen Krankheitsfällen, namentlich aus Nr. 3,
zieht Verf. folgenden Schluss für die Praxis: Hat die Natur
den Stein durch den Blasenhals und durch den engern Theil
der Harnröhre gebracht, so vermag sie ihn auch ganz zu ent
fernen. Jeder Instrumentalversuch wird nicht blos unnütze
Schmerzen verursachen, sondern auch den Naturprozess stören.
Uei dringenden Anzeigen zur Entfernung des Steines ist die
^•'ennung der Urethra das einzige, vielleicht nicht das schmerz
hafteste Mittel. [Oesterr. tned. Julirb. 1836. Bd, 20. St. l.J
II. Materia medica und Toxikologie.
158. Ueber die Wurzel des Beifusses (Rad.
^ r tcmisiae vulgaris') ihre Zubereitung und An
wendung; von Dr. Bukdach, pract. Arzte aus Triebei, d.
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