II. Materia jmedica und Toxikologie.
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■allgemein. E. hatte also Gelegenheit genug, Jod äusserlich und
|innerlich anzuwenden; doch der tiefe Eingriff in das vegetative
Leben und die Verminderung der Lebenskraft, die das Mittel
Uo oft, wenn nicht immer, zur Folge hat, nölhigten ihn, nach
vielen traurigen Erfahrungen ganz von diesem Mittel abzustehen
und er hat sich geweigert, es wieder anzuwenden; auch die
s .glücklichen Erfolge mit Jodkalium im Thomas-Hospital zu Lon
don konnten ihn nicht überzeugen. Nachdem er aber die Be
obachtungen von Wallace über Behandlung der secundären
Lues mit Jodkalium kennen gelernt und die Ansichten, die er
für dessen Anwendung aufstellt, geprüft. hatte, beschloss er,
gleich seine Methode anzuwenden und er wurde dazu um so
jnelir hingedrängt, als sich in seiner Behandlung mehrere Vene
rische fanden, bei denen der ganze Mercurialapparat, und wie
derholt, angewendet worden und die doch ungeheilt geblieben
waren, oder vielfache Rückfälle erlitten hatten.— Die Anwen
dung des Jodkalium gründet sich besonders darauf, dass man
gefunden: die Jodine, wie man sie auch in den Körper bringe,
gelange in die Säfte nicht anders, als in Form von Hydriod-
jsäure oder eines Hydriodats. Der Körper muss sich also erst
anstrengen, die reine Jodine in Hydriodsäure oder ein Hydriodat
zu verwandeln, ein Process, der beim Jodkalium schon vorbe-
I reitet ist. Dieses hat nicht die vergiftenden Eigenschaften der
j reinen Jodine und nicht die beschwerenden anderer Jodpräpa-
rate; es ist mild und statt die Digestion anzugreifen, scheint es
sie sogar mächtig zu unterstützen; endlich ist die Einwirkung
auf den Körper sicher, schnell und angenehm. Viele im Laufe
der Zeit empfohlenen Mittel sind bald vergessen worden, weil
man sie keiner durchgreifenden Prüfung unterwarf, oder weil
man zu wenig auf Reinheit der Präparate sah und die Versuche
mit schlechten machte. In letzterer Beziehung ist auch beim
I Kuli hydriodicuvi darauf zu sehen, dass es ganz unverfälscht,
| sorgfältig bereitet, völlig gesättigt, dass es ganz neutral sei und
durchaus keinen Ueberschuss von Jodine habe. Man hat ange
nommen, was E. jedoch bezweifelt, dass eine Drachme Jodka
lium 40 — 42 Gran Jodine halte und dass man einem Erwach
senen „somit eine halbe Drachme des Präparats geben dürfe,
yu Wallace hat die Auflösung verordnet und zwar so, dass er
v. 2 Drachmen Kali liijdriodicum in 8 Unzen slqu. dest. lösen
Und davon täglich 4 Esslöffel, mithin 2 Unzen, nehmen liess;
nur selten setzte er ein Chinapräparat oder Opium zu. Man
muss darauf achten, wenn der Körper mit Jodine gesättigt ist,
"as meist rasch erfolgt und sich durch Reagentien sehr schnell
«ntdecken lässt und zwar durch Prüfung des Harns, in dein
«ich Spuren des Jod (der Hydriodsäure) oft schon wenige Stun
den, nachdem das Mittel genommen worden ist, entdecken las
sen. Wurde das Mittel mehrere Tage genommen, so wird die
Hydriodsäure in grosser Menge als schwarzrothes Sediment
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