I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. 19
erstem wurden ganz wässrig und hielten die ganze Nacht hin
durch an. Ein Freund in Zeiz, bei dem F. damals lebte
und der selbst Arzt war, zählte in dieser Nacht 42 Stühle und
eben so oft Erbrechen. Er gab ihm mancherlei Hausmittel,
demulcirende, bittere Dinge, Opium und wendete passende
Einreibungen und Ueberschläge an, doch ohne allen guten Er
folg. Es trat nun so starker Durst ein, dass der Verf. das
Wasser in halbenMaassen in sich schüttete, aber auch wieder
wegbrechen musste. Sein Freund liess ihm endlich kein Ge
tränke mehr zu und war endlich genöthigt, selbst den Urin
wegzuräumen, den F. in der Verzweiflung, vom brennendsten
Durste gepeiuigt, trinken wollte. Er war so schwach gewor
den , dass er zu deliriren anfing und blieb dann in einem sanf
ten Delirium bis gegen 6 Uhr Morgens. Als er wieder zu sich
selbst kam, fühlte er sich ganz entkräftet, der Turgor der
Theile, besonders des Gesichts, hatte sich so verloren, dass
er wie abgezehrt aussah und er verspürte eine allgemeine
Schwäche, wie nach einer langen Krankheit. Diarrhöe und
Erbrechen standen jetzt, letzteres aber kehrte sogleich wieder,
wenn nur irgend etwas genossen wurde. Wasser, Milch,
Thee, Kaffee, Fleischbrühe mit und ohne Eigelb, Alles wurde
wieder weggebrochen und F. musste fasten uud den brennend
sten Durst leiden. Gegen Mittag bekam er ganz unwidersteh
liche Lust nach braunem Biere, welches in Zeiz damals sehr
stark und bitter war. Kaum hatte er ein Glas davon mit der
grössten Begierde getrunken, so empfand er schon ein vom
Magen aus durch den ganzen Unterleib sich verbreitendes, sehr
wohlthätiges, erwärmendes Gefühl. Da er das Bier nicht weg
brach, so trank er natürlich mehr und w'ie durch Zauber war
Alles Erbrechen verschwunden. Von diesem Augenblicke
schritt das Besserbefinden mächtig und rasch vor, so dass er
schon Nachmittags ein Paar Stunden ausser Bett seyn konnte.
Abends ass er mit Appetit Suppe, rauchte eine Pfeife Taback,
die ihn aber schwindlich machte, trank Bier und schlief die
ganze Nacht, ohne einmal aufzuwachen. Am 3. Tage fühlte
er sich zwar noch miide, konnte aber doch aufbleiben, essen,
trinken, rauchen und Nachmittags sich eine Stunde im Freien
Bewegung machen. Am 4. Tage giug es bereits so gut, dass
er einen Fussweg von 6 Stunden, ohne zu ermüden, zurück
legen konnte. Während 4 ganzer Tage hatte er stets Lust
zum braunen Biere und je bittrer es war, desto lieber war es
ihm. Er nahm täglich 4 Maas zu sich, se-und excernirte aber
in dieser Zeit auch nicht einen Tropfen Harn. Erst am 5.
Tage in der Nacht bekam er zum ersten Male wieder leisen
Drang zum Uriuiren. Die Quantität war geringe, die Farbe
hochgelb. So stellte sich alhnählig, aber sparsam und in ian-
§ e ", mit dem noch immer starken, doch nach und nach sich
vermindernden Durst und der Befriedigung desselben nicht im
2*