18 I. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
bemerkte nämlich, als er an einem sehr heissen Tage von einer
Fussreise zurückgekehrt war, dass seine von Schweiss ganz durch
nässte Wäsche ganz urinös roch und er erinnerte sich, dass er an die
sem Tage, selbst bei vielem Trinken, fast gar keinen Urin gelassen
hatte. Er presste den Schweiss in seiner Wasche aus, untersuchte
ihn chemisch und fand ihn dem Urineganz ähnlich. Es kommen aber
auch Fälle vor, wo unter Umständen manche Organe ohne alle Stell
vertretung kürzere oder längere Zeit ganz unthätig bleiben, ohne dass
man davon eine andere Ursache auflinden kann, als etwa
Nachlass der Lebensthätigkeit, oder Unthätigbleiben der Or
gane, die dieser oder jener Absonderung vorstehen, indem der
Körper die Stoffe, welche sie gewöhnlich ausscheiden, für sich
selbst zu andern Zwecken bedarf, v. Ramm in Riga hat ei
nen Fall mitgetheilt, wo ohne alle stellvertretende Ausleerung
ein Unterbleiben aller Harnabsonderung 7 Wochen lang mit
vollkommener Gesundheit andauerte. Es war ein gesunder,
doch blass und schwächlich aussehender Knabe von 12 Jahren,
der während 5tägigen Uebelbelindens keinen Tropfen Urin ge
lassen hatte, ob er gleich täglich ? Stoff Getränk zu sich nahm.
Nachdem auf ein Diureticum auf einmal 1 Stolf Urin abgegan
gen war, hörte jetzt alle Urinabsonderung auf 7 Wochen lang
ganz auf, wobei Appetit und Schlaf gut waren, nirgendsScinner-
zen empfunden wurden, kein Schweiss sich einstellte und die
Blase leer gefunden wurde, Endlich nach innerlichen und äu-
sserlichen, die Harnabsonderung begünstigenden Mitteln kam
die Harnabsonderung wieder in Gang, Pat. entleerte täglich
reichlich Urin und genass völlig. Auch Berres hat ein Bei
spiel von einer länger als 4 Jahr versäumten Harnausleerung
bekannt gemacht und aus seinem eigenen Leben erzählt F. fol
gendes: in dem heissen August des trocknen, sehr warmen
Sommers 1800, den der Verf. in einem Dorfe bei Jena ver
brachte, zog er sich durch täglichen Genuss eines trüben, sau
ren Biers, womit er sich aus Mangel an Wasser den Durst
löschen musste, durch Essen von vielem frühreifen Obst, starke
Erhitzung, Durchnässung und Erkältung während eines nächt
lichen grossen Brandes und starke Fussreisen eine sehr bedeu
tende Cholera zu. Diese zusammenwirkenden und durch ihr
Uebermaas der damals recht festen Gesundheit doch schädlich
gewordenen äussern Einflüsse bewirkten nach ungefähr neun
Tagen mit einem Male an einem Abende, an dem der Verf.
noch mit vollem Wohlbefinden und sehr gutem Apettitte ge
gessen hatte, so starke Diarrhöe, dass er eine volle halbe
Stunde den Abtritt nicht verlassen konnte. Nach derselben
fühlte er sich so entkräftet, dass er zu Bett gehen musste. Ein
heftiger Frost veranlasste ihn, einige Tassen Tltee zu trinken.
Bald darauf stellte sich Erbrechen einer anfangs dickschleimigen
süsslich schmeckenden Masse ein und das Erbrechen wechselte
nun mit Durchfall unter Magen - und Leibschmerzen ab. Beide