180 III. Chirurgie und Ophthalmologie»
nert. Die Iris war weder verwundet, noch vorgefallen, die
Linse aber trübe. Sonach war also wohl die Messerspitze
durch die Pupille gegangen und hatte, ohne die Iris zu ver
letzen, die Linsenkapsel auf geradem Wege verwundet. Das
Sehvermögen war auf diesem Auge sehr gering. Die Prognose ;
war nacli dem Mitgetheilten fiir Erhaltung der Form des Auges
gut, für die des Gesichts aber schlecht, denn an Ausbildung
eines grauen Staars liess sich unter diesen Umständen nicht
zweifeln. Der Verf. liess 6 Blutegel an die rechte Schläfen
gegend, eine leichte Purganz und strenge Diät nur prophyla-
ctisch anwenden, denn der Knabe befand sich so wohl, dass er
sich nicht wenig darüber wunderte, dass er im Bett bleiben sollte-
Da alles nach Wunsche ging, erlaubte man ihm nach 3 Tagen
wieder aufzustehen, liess alle Mittel weg und gab ihm die ge
wohnte Nahrung. Der Staar war jetzt sichtbarer, der leuconia-
töse Fleck der Hornhautwunde nicht beträchtlich, aber eine of
fenbare Tendenz der Wuudränder der Cornea, sich mit der da-
hinterliegenden Iris zu vernarben, zu bemerken. Ein adstrin-
girendes Augenwasser that die besten Dienste, nach abermals
3 Tagen kehrte der Knabe ganz zu seiner gewöhnlichen Le
bensweise zurück und G. rieth den Eltern, dass sie ja nicht zu i
früh an eine Operation denken sollten. Doch schon im Mat
wurde der Verf. gebeten, ja bestürmt, operativ einzugreifen.
Bei Untersuchung fand er jedoch schon deutliche Spuren von
Aufsaugung des Staares und nachdem die Pupille durch Bella
donna erweitert worden war, bemerkte er einige leichte Ver
bindungen zwischen Kapsel und Uvea. Er liess daher aller 8
Tage die Belladonna eintröpfeln, verschrieb Kalomel in klei
nen Gaben und verordnete äusserlich in die Supraorbitalgegend
der kranken Seite eine leichte Mercurialeinreibung. Diese
Behandlung wurde 12 Tage fortgesetzt, dann aber von Zeit zu
Zeit wiederholt und schon im August 1834 war die Aufsau
gung so vollständig gelungen, dass das verletzte Auge die volle
Sehkraft wieder erhalten hatte. — Nach der Ueberzeugung
des Verfs. haben die von ihm verordneten Mittel, wenn sie
irgend eine Wirkung hatten, die ausserordentliche Heilkraft der
Natur nur unterstützen können und nur ihr gebührt nach ihm >
der Preis der Heilung. Doch macht G. gleich im Eingänge auf
die ausserordentliche Aufsaugungs - oder Auflösungskraft des
Humor aqucus aufmerksam. [ Omodei Annal. univ. 1835«
Aprile e Maggio.]
80. Entfernung eines Fragmentes der Linsenkapsel
nach der Operation des grauen Staar’s; vom Bataillons
arzte Dr. Steinhausen in Sorau. Eine arme 60jährige Frau
von kleiner Statur und rigider Körperbeschafienheit, hatte vor
mehreren Jahren anhaltend Kopfreissen gehabt und dabei be
merkt, dass ihr Sehvermögen immer abnahm. Als St. dieselbe
im Herbste 1832 sah, war sie durch Cataracta völlig erblindet,