152 II. Materia medica und Toxikologie.
lieh auf die Mitte des Leibes eine Scheibe Brot und auf diese
eine Scheibe mit einigen Schwefelfaden. Die letztem brannte
sie an und stülpte darüber ein grosses weites Bierglas, um, wie
mit einem Schröpfkopfe, die Bauchwandungen in die Höhe zu
ziehen. Der Erfolg schien gut; die Bauchwandungen füllten
das Glas fast bis an den Boden an, allein die Geschwulst ver
schwand nicht nur nicht, sondern es stellten sich nach Entfer
nung des Glases die heftigsten Schmerzen im Unterleibe ein, die
unaufhörlich fortdauerten, bis S. ankam. Dieser untersuchte
zunächst die Stelle, wo ein Bruch sejn sollte und fand jene
haselnussgrosse, verschiebbare, nicht pralle und elastische Ge
schwulst. Der Unterleib war heiss, gespannt, vorzugsweise in
der Regio umbilicalis schmerzhaft, der Puls hart, klein, äus-
serst beschleunigt, die Zunge trocken, bräunlich belegt, der
Durst unersättlich, und die Extremitäten kühl. Bei vorzugs
weise genauer Untersuchung der Regio umbilicalis gewahrte S.
endlich, dass die periodische Verschlimmerung der Schmerzen
von der Stelle, an der das Glas gesessen, ausging und dass sich
liier eine bei heftigen Schmerzanfällen hart werdende Geschwulst
fand. Unter so bewandten Umständen war an Intussusception
des Dünndarms und demnach an grosser Gefahr, baldigem Koth-
brechen und der Nothwendigkeit der strengsten Antiphlogose
wohl nicht zu zweifeln. Vergebens liess der Verf. allgemeine
und örtliche Blutausleerungen anstellen und wiederholen, ver
gebens erweichende Umschläge, krampfstillende Linimente, kalte
Umschläge, Klystire aller Art und Oelemulsionen mit Kalomel
brauchen: der Zustand blieb sich mit geringen Veränderungen
gleich, so dass am 11. Tage der Bauchschnitt nothig schien. Da
indessen M. R. Dr. Otto, den S. gebeten hatte, bei der Ope
ration zugegenzu seyn, dieselbe ernstlich abrieth, so machte S.
noch den letzten Versuch: nämlich durch regulinisches Quecksilber
das auomale Verhältniss zu beseitigen. Er gab 2 Pfund in getheil-
ten Gaben. 3 Tage blieb auch dieses Mittel erfolglos, dann aber
trat nach abermaliger Application einer langen, starken elasti
schen Röhre und Injection von vieler Flüssigkeit: Stuhlgang,
Abgang des regulinischen Quecksilbers und Heilung ein. [Rust’s
Magazin f. d. ges. Heil Je. Bd. 46. Hft. 3.]
68. Neue Anwendungsart des Zinnobers in Räu
cherungen bei alten syphilitischen Geschwüren des
Mundes und der Nase; von J. Venot. Durch die Methode
von Breres, Chrestien, Alibert und Chiarenti ist V. auf
die Idee gekommen, den Zinnober auf obige Art anzuwen-
den und er theilt darüber folgende Wahrnehmungen mit: 1) Ein
alter Marineofficier hatte 2 tiefe, hartnäckige Geschwüre auf
den Tonsillen, deren Substanz fast ganz verzehrt war. Er hatte
früher an verschiedenen venerischen Uebeln gelitten, diese aber
leichtsinnig behandelt, bis er im letzten Herbste den Syrup von
Larrey, Mercurialfrictiouen und Gurgelwasser gebraucht hatte.