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III. Chirurgie und Ophthalmologie.
1834 brachte man vom Lande ein 13jähriges Mädchen, das *t
Jahr augenkrank gewesen war, zum Verl. Es war für sein
Alter gehörig entwickelt, zeigte keine dyscrasische Anlage und
war nie kränklich, sondern sogar bis zum Anfänge des gegen
wärtigen Uebels vollkommen gesund. Das durch Erkältung ent
standene Augenleiden trat, wie L. Pat. zuerst sah, als protra-
cte Entzündung der ganzen Bindehaut, der undurchsichtigen und
pelluciden Hornhaut in der linken Iris auf und zwar unter hef
tigen Schmerzen im Auge und um dasselbe her, mit intensiver
Rothe, starkem Thränenflusse und grosser Lichtscheu. An 3
Stellen der Hornhaut, nach aussen, innen und unten waren 3
Geschwüre entstanden, die alle 3 einen Hornhautbruch nach sich
gezogen hatten, mit Vorfall der Iris an allen 3 Stellen, so dass
ein Staphijloma iridis racemosum ausgebildet w ar. Die Pupille
hatte sich ganz und gar zusainmengezogen, es war Sjjnicesis
pupillae zugegen und das Sehvermögen ganz erloschen. Das
rechte Auge war in den äussern Häuten entzündet. Auch im
Körper spürte das Mädchen die rheumatische Störung und den
örtlich-entzündlichen Reiz unter heruinzielienden Schmerzen,
Trockenheit der Haut und leichten Fieberbewegungen. Nach
gelind antiphlogistischer und gelind diaphoretischer Cur, wobei
L. die Augen durch vorgehängte dünne Compressen vor Ein
wirkung der Luft und Nässe zu schützen suchte, ging er zu
dem bei Entzündung der serösen Häute, fast unentbehrlichen Ka-
lomel über und verband dasselbe mit der von Schmalz bei
Hornhautergüssen, die hier eben zu entstehen drohten, so ge
rühmten Senega. Um das Auge Hess er Ung. hijdrarg. mit
JExlr. Beilad. einreiben. Nach mehreren Tagen entstand unter
Nachlass der Augenbeschwerden starke Salivation und da nach
mehrtägiger Dauer derselben die krankhaften Erscheinungen be
deutend gemindert worden waren, gab der Verf. zur Hemmung
dieses Ausflusses und zur Bethätigung der immer noch gestör-
t(n Hautfunction Campli. mit einer kleinen Gabe Opii pur•
Das Mädchen wurde nun körperlich gesund, das rechte, nur
consensuell leidende Auge wieder frei und am linken Auge w ar
kein krankhaftes Gefühl mehr vorhanden, auch war die Rothe
grossentheils gewichen, doch das Sehvermögen war, wie bei
der ersten Untersuchung, erloschen. Auf der Hornhaut sah
man noch die durch die Geschwüre hindurch vorgefallenen Iris
stücke und von der Pupille liess sich keine Spur mehr wahr-
nehmen. Nachdem C. das Mädchen mehrere Wochen nicht
mehr gesehen hatte, erfuhr er auf einmal, dass das Kind aut
dem bisher blinden Auge einen Schein bekommen habe und spä'
ter hörte er, dass das Mädchen mit diesem Auge sogar wiede®
lesen könne, was er jedoch nicht glaubte, bis er Pat. selbst
sah und sie, wie folgt, fand: das rechte Auge war ganz g®'
sund, am linken waren Conjunctiva und Sclerotica normal, di ß
die in den Hornhautbruch vorgefallenen Irisstücke hatten sic* 1
ganz und gar abgestossen, dagegen war an allen 3 Stellen des