Full text: (Neueste Folge, Band 3 = 1836, No 17-No 24)

II. Materia medica und Toxikologie. 
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Reiz zum Jucken wird bemerkt; zuweilen stellen sieb Conge- 
stionen nach Kopf und Brust ein, der Puls ist gross, voll, meist 
etwas beschleunigt, ja es kommt wohl zu vollständigen Fieber 
bewegungen mit vorausgehendem Frösteln. Im Bett nimmt die 
Wärme und das Jucken auf der Haut noch mehr zu, der Schlaf 
ist tief, doch nicht ohne Träume. Immer bricht ein mehr oder 
weniger starker Schweiss aus, und am Morgen pflegt der Urin 
reichlich gelassen ztt werden. Derselbe ist trübe und bekommt ei 
nen Bodensatz. Zuweilen erscheint dieser Bodensatz erst nach 
dem Gebrauche mehrerer Bäder. Diese Erstwirkungen werden 
nach dein Fortgebrauch der Bäder minder aulfallend und ma 
chen dagegen anderen Erscheinungen, die von einer tiefem Einwir 
kung auf den Körper zeugen, Platz. Nach mehrtägigem Ausse 
tzen des Seebades stellen sie sich aber sogleich wieder ein. 
Personen, bei denen durch habitus apopleclicus, durch plethora 
abdominalis, durch gastrische Unreinigkeiten das Seebad con- 
traindicirt ist, oder die eine bestimmte Idiosynkrasie gegen das 
selbe haben, kehren die Erstwirkungen immer wieder, ja ein 
zelne derselben steigern sich wohl bis zur wirklichen Krank 
heit. So hatte ich einen jungen Mann von stark nervösem Ha 
bitus zu beobachten, der an habituellem Kopfschmerz von Ue- 
berfüllung des Pfortadersystems litt, bei welchem diese Erstwir 
kungen im höchsten Grade aufgetreten waren. In Folge fortge 
setzten Bades verfiel er in ein heftiges Congestionsfieber und seine 
Kopfschmerzen vermehrte sich dermaasen, dass Apoplexie zu . 
fürchten w ar. — Sehr häufig entstehen schon nach den ersten 10 Ta 
gen Hautautschläge, so sah ich bei einem Hypochondriacus Lichen 
an verschiedenen Stellen der Extremitäten , bei einem Hämor- 
rhoidarius einen herpetischen Ausschlag in der Nähe des Afters 
entstehen. Beides, wie sich in der Folge erwies, als günstige 
Zeichen. Bei mehreren Personen, die an torpiden Scropheln 
litten, bildeten sich hie und da viele kleine Furunkeln aus; 
bei Andern erschienen zu unbestimmten Zeiten, meist des Abends 
über den ganzen Rücken eine Menge kleiner, juckender Knöt 
chen. — Als Symptom des lebhafteren Blutumlaufes und der 
erhöhten Thätigkeit aller Organe erwähne ich, dass ein 66jäh- 
riger Mann nach 5maligem Baden öfter Pollutionen in der Nacht 
bekam , was ihm seit vielen Jahren nicht begegnet war. Ue- 
berhaupt hat man beobachtet, dass durch das Seebad die Ge- 
schlechtsthätigkeit erhöht wird. — Auf die Digestionsorgane 
uimmt man einen lebhaften Einfluss wahr: der Appetit wird 
fast immer gesteigert und die grössere Quantität genommener Nah- 
rung doch ohne Beschwerde verdaut. Der Stuhlgang wird nicht 
auffallend vermehrt; es treten wohl zuweilen Koliken, Durch- 
lalle ein, doch muss man sie Erkältungen zuschreiben. — Die 
|irkung der Seebäder auf Drüsengeschwülste ist langsamer, 
?, 8 die auf Stockungen im Pfortadersysteme; ich habe sie bei 
Erwachsenen erst nach 20 und mehr Bädern erfolgen sehen.
	        
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