Full text: (Neueste Folge, Band 3 = 1836, No 17-No 24)

II. Materia medica und Toxikologie. 
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im vergangenen Jahrhundert unter des ehrwürdigen Vogel Lei 
tung den Anfang machte, sah man an der Nord- und Ostküste 
unseres Vaterlandes eine Menge neuer Bade-Anstalten entste 
hen, ohne dass desswegen die Frequenz der einzelnen abnalun, 
wie am Besten aus der Frequenz - Tabelle von Doberan in 
Sachse’s Schrift über die Bäder erhellt. Seit dem Jahre 1815 
wurden aucii an der sehr geeigneten Holländischen Rüste der 
gleichen Anstalten errichtet, und zwar zuerst in Zandvoort bei 
Harlem. Doch hat vorzüglich neuerlich das Seebad bei Sche 
veningen einen grossen Aufschwung genommen. Audi ist es 
nicht zu läugnen, dass Scheveningen. durch seine Lage in der 
Nahe des reizenden Haag, nicht zu fern von Rotterdam und 
Leyden, mitten in dem originellen Holland besonders begünstigt 
ist. Die Sche'veninger Rüste besteht aus einer Dänen-Rette 
von 40 — 80 F. Holle und aus einem etwa 100 Schritt brei 
ten Strand, dessen Fläche von feinem Sand sich sehr allmählig 
nach dem Meere und in dasselbe hineinsenkt, so dass zu jeder 
Periode der Flutli und Ebbe mit gleicher Bequemlichkeit ge 
badet w erden kann. Die Rüste ist gerade gegen Nordwest ge 
richtet und empfängt, da aus diesem Himmelstrich die Winde am häu 
figsten wehen, die mächtigen Wellen der Nordsee in gerader Ricli- 
tungmit voller Rralt. Reine Bucht, keine weit vorspringende Land 
spitze bricht den Wellenschlag, und kein bedeutender Flusssfchwiicht 
durch seine nahe Einmündung die Rraft des Salzwassers, denn 
selbst das wenige Wasser des sogenannten alten Rheines er- 
giesst sich 3 Stunden nordöstl. von Scheveningen, jenseits Rat 
wyk ins Meer.— Auf der Hohe der Dünen steht das geräumige 
Badhaus bestimmt zu Wohnungen, und eingerichtet für war 
me Bäder in Seewasser, für Douchen mit demselben und für 
Schwefel-Seebäder. Dem Vornehmen und Reichen bietet der 
Haag einen schönen Wohnort und den Umgang mit einem zahl 
reichen diplomatischen Rorps und mit den angesehensten Män 
nern von Holland. Der Freund der Wissenschalten wird in der 
kürzesten Zeit nach dem benachbarten Leyden versetzt, wo 
ihn die Erinnerung alter bedeutender Zeiten und die reichsten 
wissenschaftlichen Sammlungen mitten in seinem Elemente schwel 
gen lassen. Dass der Runstsinn hinreichende Befriedigung 
finde, bedarf keiner besondern Bestätigung. Alles dies verei 
nigt sich in Holland mit der friedlichen Behaglichkeit und mit dem 
stillen Lebensgenuss, den dieses Land vor allen bietet. Die 
Natur ist frisch, und voll üppigen Grüns, und sucht man den 
Anblick des Grossarligen, nun so überschreite man die Dünen; 
das Meer wird in jeder Tageszeit, unter allen Witterungsver- 
hältnissen als die mächtigste Versinnlichung des Unendlichen 
erscheinen. — Der Naturforscher aber und der Arzt gewinnt 
dem gewaltigen Elemente ein neues Interesse ab. Die Erfor 
schung der grössten Naturkraft, ihre Wirkungen auf den mensch- 
ichen Organismus nehmen seine geistige Thätigkeit lebhaft in
	        
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