Full text: (11. Band = 1835, No. 9-No. 16)

111. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik. '<3 
sich in der Nacht von selbst eingefunden hatte. Pat. hatte näm 
lich in der Nacht einen ungewöhnlich langen, mit heftigem Sei 
tenstechen beginnenden Anfall gehabt. Nach demselben war die 
Stimme ganz vergangen, und bis zu der Zeit dieser Mittheilung 
hatte sie noch keine Sylbe wieder gesprochen. Das Gehör war 
ganz unversehrt, und sie gab durch Schreiben oder Zeichen zu 
verstehen, dass sie jede Frage höre. Den Tag nachher, als sie 
die Stimme verloren, fingen die Anfälle an, bedenklicher zu wer 
den und kehrten auch viel häufiger wieder. Bald nach dieser V er- 
schlimmerung bekam das Uebel zum ersten Male ganz das Ansehen 
wahrer Katalepsie. Ungefähr eine Minute nach Aufhören eines 
Anfalls und als sie sich schon ganz erholt zu haben schien, fiel sie 
mit einem Male in anscheinend gesunden Schlaf. Das Gesiclitaeigte 
die tiefste Ruhe, die Augen waren geschlossen und hob man ihr 
die Augenlider auf, so sah man, wie die Augäpfel sich auswärts 
drehten und die Pupille sich erweiterte. Der Athmen war ruhig, 
und Arme, Beine lind Füsse, obgleich von seihst steif ausgestreckt, 
Hessen sich doch ohne Gewalt beugen und behielten jede ihnen ge 
gebene Stellung. Anfangs trat der kataleptische Anfall nur nach 
den andern Paroxysmen ein, nach einigen Tagen ging er ihnen aber 
auch Voran und zugleich verlängerte sich auch seine Dauer. Am 
25. stellten sich die sehr merkwürdigen Symptome, wie folgt, ein: 
Pat. machte eben, um eine Frage an sie zu beantworten, ihre Zei 
chen, als sich plötzlich über ihr Gesicht ein Lächeln verbreitete, 
und in einem Augenblicke die kataleptische Unempfindlichkeit völ 
lig ausgebildet war. Sie lag ungefähr 15 Minuten ruhig, als ein 
heltiger Anfall, der eben so augenblicklich als der erste eintrat, 
ungefähr 3 Minuten ihre Ruhe unterbrach; darauf kehrte die Ka 
talepsie zurück, dauerte wieder Stunde und verliess sie, im Be 
sitz aller Vermögen, die Sprache ausgenommen. Pat. erwachte, 
einige grelle Schreie ausstossend, die allmählich in seufzendes 
Klagen übergingen und drückte darauf die Hände rasch an ihre 
linke Brust, als wenn sie in der Herzgegend Schmerz fühle. Ei 
nen andern Tag hielt die Katalepsie gegen 3 Stunden an, wäh 
rend welcher Zeit Pat. ausgestreckt und ganz ohne Besinnung da 
lag. Das Gesicht zeigte aber dies Mal nicht die gewohnte Ruhe, 
die Adern desselben strotzten bis zu ihren entfernten Zweigen 
von Blut, die Kranke bekam eine dunkelpurpurrothe Farbe, die 
Beine wurden ungewöhnlich steif und blieben es auch, bis die 
dunkle Farbe aus dem Gesichte wich, wo sie dann sogleich schlaff 
und biegsam wurden. Während des Anfalls machte man neben 
der Kranken Musik, aber sie schien gar nicht darauf zu achten, 
als man aber kaltes Wasser aus einer gewissen Höhe auf den 
Kopf goss, schrie sie heftig, das Gesicht wurde dunkelroth, und 
Pat. bekam einen furchtbaren Anfall von Schluchzen, verlor aber 
das Bewusstseyn. Als man sie später in einem Augenblicke, wo 
sie Empfindung äusserte, fragte, ob sie die Musik gehört, oder 
den Eindruck des Wassers empfunden, antwortete sie verneinend.
	        
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