72 III. Pathologie, Therapie und medlclnische Klinik.
gehalten, so reizte dies sehr und beide Angen liefen und wurde
Schnupftabak in dasselbe Nasenloch gebracht, so entstand starkes
Niesen, nichts von allem diesem aber, wenn man diese Versuche
mit dem linken Nasenloche anstellte. Auch gab Pat. an, dass
er nicht so gut mit dem linken, wie mit dem'rechten Nasenloche
riechen könne. Kopfweh war auch zugegen, soifst aber alle Fun
ctionen normal. Da Schmerzen in Armen und Nacken vorausge
gangen waren, behandelte O. das Uebei als rein rheumatisch und
verordnete derivirende Fussbüdör, Zugpflaster hinter die Ohren,
ein reizendes Liniment zum Ernreiben auf der 1 Wange und über
das Auge, innerlich Kampherpulver und diaphoretisches Regini.
Nach 8 Tagen nahmen die Symptome ab und nach 14 Tagen war
Pat. völlig hergestellt, indem sich wieder Schmerzen in Armen
und Nacken einstellteh und fortgesetzten schweisstreibenden Mit
teln allmählich wichen. Doch behielt die linke Gesichtshälfte
noch mehrere Monate besonders schlaffes Aussehen, und das
Kopfhaar fiel nach und nach aus, so dass jetzt der Kopf ganz
kahl ist. [Casper’s Wochenschr. f. d. ges. Heilte., 1835, Nr. 13.]
43. Ein merkwürdiger Fall von Katalepsie. Eine
10jährige, hübsche, verheirathete und schwangere Frau kam’tim
Juni v. J. wegen eines heftigen Leidens in der Hüfte nach DuMin.
Man versuchte Mehreres, doch es ging mit ihr sehr schlecht, sie
hatte weder Ruhe noch Appetit, und ihr Geist war sehr nieder
geschlagen, auch konnte sie das Uett nicht verlassen. Sehr starke
und kräftige Mittel hielt mail ihres ganzen Zustandes wegen nicht
für zulässig. Da Pat. fühlte, dass es mit ihr nicht besser gehe,
so stand sie endlich auf und ging herum, und verliess bald dar
auf das Spital, kehrte aber im Octobr., nachdem sie einen Miss
fall erlitten, wieder in dasselbe zurück. Wertige Tage nachher
wurde sie durch die Misshandlung eiufes betrunkenen Mannes
sehr aufgeregt, und unmittelbar darnach von einem sehr heftigen
hysterischen Anfall ergriffen!; der eine Zeit lang täglich wieder
kehrte. Um den 0. Tag aber hatte sie einen Anfall von ganz
verschiedenem Charakter, der immer sehr heftig war. AlleMns-
keln schienen nämlich ganz fest fixirt, Pat. konnte weder Kinn
laden, noch Hände öffnen, die Daumen drehten sich ein, und
wenn Jemand sie halten wollte, schlug sie mit Gewalt nach ihm,
fasste ihn bei den Haaren und riss sic, wenn man sic nicht daran
hinderte, zu ganzen Händen aus. Auch versuchte sie sich selbst
und ihre Umgebungen in die Hände zu beissen, und liess man
dies nicht zu, so biss sie in die Bettdecke, mit den Füssen aber
trat sie, wenn man dieselben frei liess, ungestüm nach allen Rich
tungen aus. Einige dieser Anfälle währten nur einige Minuten,
stellten sich aber den Tag über sehr häufig ein und wurden durch
die kleinste Störung veranlasst. In der Zwischenzeit befand sich
Pat. anscheinend wohl • und bei guter Laune. So weit konnte
man das Uebei als hysterisch betrachten, am 18. Octobr. Mor
gens entdeckte man jedoch ein fast unerklärliches Symptom, das