VII. Staatsarzneikunde.
VII. Staatsarzneikbndb.
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35. Gewaltsamer Mord eines 17jährigen Mäd
chens nach fruchtlos versuchter Nothzucht; aus den
Uutersuchungsacten gezogen nebst gerichtsärztli
chem Fundscheine und Gutachten. Vom Oberarats-
arzte J)r. IIofeh in Biberacli. Den 1-4. Juni 1831 wurde eine
seit dem 11. d. M. vermisste lljähr. Magd wenige Schritte von
der Chaussee entfernt im Walde 1 Stunde von Biberacli todt. ge
funden; sie lag mit von Blut befleckten und zum Theil zerrisse
nen Kleidern und bis über die Lenden entblösst, auf dem Bauche,
rings umher zeigten sich ßlutspuren am Boden, und an der Stelle,
auf welcher der Leichnam lag, war das Blut 2 Zoll tief in den
Boden eingedrungen und die Erde durchfeuchtet. Ausser meh
reren Contusionen, Sugillationen, Hautabschärfungen und ober
flächlichen Schnittwunden am Kopfe, im Gesichte, am Halse, an
andern Theilen und namentlich an den Händen und Fingern fand
man unmittelbar unter dem Kinn und über dem Kehlkopf eine
tief eindringende 3" breite Schnittwunde, die durch Speisebrei
und Blut verunreinigt war, nach Reinigung derselben ergab sich,
dass an dieser Steile alle Gelasse, Nerven und Muskeln bis auf
die hintere Wand des Rachens, welche allein noch die Wirbel
säule bedeckte, zerschnitten waren, nämlich der musc. laliss.
colli, der omohyoid., stertiohyoid., hyothyreoid. auf beiden Sei
ten, die arter. pharyng. ascend. und carot. extern, linker Seits,
letztere oberhalb der Bifurcation und nur zur Hälfte durchschnitten,
ferner ein Ast der arter. lingual, dextra nebst dem Oesophagus
und der Schleimhaut; der Schlund hing nur noch auf der rech
ten Seite mit seiner Muskelhaut und dem Zellgewebe nach oben
mit dem Rachen zusammen; beide glandul. submaxillar. lagen
bloss, die rechte war zur Hälfte durchschnitten; Zunge und Zun
genbein, Kehlkopf und Epiglottis, die Stämme des N. vagus und
Sympathie, u. s. w. waren unverletzt; im Grunde der W'unde be
merkte man noch einen bis auf die linken Querfortsätze des 2.
und 3. Halswirbels, jedoch nicht in die Rückenmarkshöhle ein
dringenden Stich. Herz und die grossen Gefässstäinme erschie
nen sehr blutleer, alle übrigen Organe ohne bedeutende Abwei
chungen; die äusseren wie die inneren Geschlechtstheile unver
letzt, das Hymen noch vorhanden und es war keine Spur von
männlichem Samen an ihnen zu entdecken. Im Gutachten wer
den die 2 vom Gericht vorgelegten Fragen 1) ob die gefundene
Halswunde die sufficiente und unheilbare Ursache des Todes seyl
und 2) welche Gründe die Annahme eines Selbstmordes aus-
schliessen?— dahin beantwortet: dass ad 1) ohne Rücksicht auf
•he nach der neuern Chirurgie mögliche Heilbarkeit einer Ver
letzung der Carot. extern, und intern, in abstracto, die Vorge
fundene Halswundc als die sufficiente und in concreto nothwen-
uige Ursache des Todes anzusehen sey, da unter den gegebe-