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V. Gynäkologie und Pädiatrik.
V. Gynäkologie und Pädiatiuk.
233. Erzählung eines unglücklich abgetaiifeiie»
Wochenbetts; von Dr. Mansfeld in Brannschweig. Das Jalf
1834 zeichnete sich sowohl in Braunschweig, als in manchen an-
dern Gegenden eigenthiimiieh dadurch ans, dass nicht nur Frauen,
die wohl J5 und mehrere Jahre nicht geboren hatten, von neuenJ
schwanger wurden und gebaren, sondern dass auch ältere, lange
verheiralhete Fronen, die Auf Schwangerschaft schon längst ver
zichtet hatten, schwanger wurden und gebaren. Vielleicht stand
die Ursache der seltenen Hitze nnd der überaus grossen Uep*
pigkeit der Vegetation des Sommers 1834 auch mit der des er
neuten Erwachens menschlicher Fruchtbarkeit in Verbindung; we
nigstens hatte auch das dem verflossenen sehr gleichende Jal' r
1811 späte Schwangerschaftsfälle zu Begleitern. — Die in Rede
stehende verstorbene Wöchnerin, eine Frau von ungefähr 40 Jah
ren, hatte sich schon im 18. Jahre verheirathet, war aber nie
schwanger geworden. Sie war mehr klein als gross, die Knochen
zart, aber mit starken Muskeln und vielem Fette belegt und di«
ganze Statur sehr regelmässig. Mit ausgezeichnetem Verstand«
lind seltenem Kunstsinne begabt, wurde sie schon früh auf di«
Bühne geführt nnd brachte es dahin, dass sie eine wahre Xierd«
derselben wurde. Mit diesen Talenten verband sie den besten
Charakter, einen innern Drang zum Wohlthon und wusste ihr
fast rein sanguinisches Temperament durch gefälliges Benehmen
zn besänftigen und willenlos die Liebenswürdigste in der Gesell
schaft zn seyn. Nicht daran denkend, nach über zwanzigjähriger
kinderloser Verheirathung und im vorgerückten Alter schwanger
zu werden, wollte sie ihr im März v. J. eingetretenes Unwohl-
seyn jeder andern Ursache als einer vom Vrf. leise angedeute
ten Schwangerschaft ztigeschrieben wissen. Doch die Diagnose
siegte über jede Vermuthnng, denn das Anssenbleiben der sonst
so regelmässigen Katamenien, die jeden Morgen wiederkebrende
Neigung zum Brechen, und dieses oft selbst, wie auch Wider
willen vor sonst so beliebten Speisen gaben diejenige Sicherheit
für Schwangerschaft, wie man sie nur aus so vielen ungewisse»
Zeichen entnehmen konnte. Ein nicht zn verkennender Mi««'
muth, der ihr sonst ganz unbekannt war, stellte sich später, «I«
es immer gewisser wurde, dass sie schwanger sey, ein, und n» r
die schön misgemalte Aussicht, Mufter eines geliebten Kindes z»
werden, konnte sie auf Augenblicke erheitern. Um sich zu zer
streuen, unternahm sie nach dem 3. Monate der Schwangerschaft
eine Reise und kehrte von derselben nach ({wöchentlicher Ent
fernung gesund und wohl wieder zurück. Das bisher tief ver
wahrte Geheimniss musste nun der offenen Kunde den PIrIz räu
men, da »Ile Kunst ihren jetzigen Zustand nicht mehr verberge»
konnte. Jeder wunderte sich über die so späte Schwangerschaft-