270 III. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
anlassung. — Ich musste mich demgemäss darauf beschränken,
die Kräfte der Kranken zu unterstützen, die Verrichtungen der
Unterleibsorgane zu regeln, so den Eiterungsprocess zu beför
dern, und einen möglichst vollständigen Ausfluss des'Eiters auf
dem schicklichsten Wege zu begünstigen. — Zu diesem Zwecke
verordnete ich auflösende, vegetabilische Bitterkeiten, und abwech
selnd Abführmittel; zum äusserlichen Gebrauch warme Breium
schläge und erweichende Salben. — Nach Verlauf mehrerer un
ter grossen Schmerzen verbrachten Tage zeigten sich nahe an
der spina ossis ilei posterior superior zwei Erhöhungen von der
Grösse eines durchschnittenen Hühnereies, zu gleicher Zeit eine
Geschwulst unter dem Ligamentum Poupartii von der Grösse ei
ner welschen Nuss; sämmtlich prall und ohne Veränderung der
bedeckenden Haut. Ich liess nun diese Stellen vorzugsweise nut
erweichenden Breiumschlägen bedecken, Salben einreiben, und
insbesondere hinten ein Stückchen Emplastr. diach. comp, anfle-
gen. Ich hoffte unter Fortgebrauch dieser Mittel die angegebe
nen Geschwülste dermaassen zu erweichen, dass eine leichte I»"
cision hinreichen würde zur Entleerung des Eiters. Doch um
sonst; während sich die Geschwulst unter dem Ligament. Poti-
part. eher verkleinerte, die Geschwülste oberhalb des ßeckcn-
knochens keineswegs sich erweichten, nur mehr spannten, blieb
die Haut über denselben stets gleich; die Kräfte aber schwan
den immer mehr. Zwischen der vordem Geschwulst und den
hintern Erhöhungen fühlte man eine tiefe, zwischen innenliegende
Fluctuation. — Unter diesen Umständen hielt ich es für bedenk
lich, ein eingreifendes chirurgisches Verfahren länger zu verschie
ben; ungefähr am 8. Tage nach dem Erscheinen jener bezeichne-
ten Geschwülste, und am 11. nach übernommener Behandlung
ergriff ich ein starkes, nicht zu schmales Bistouri — dasselbe stets,
wo nur irgend möglich, als sicherer, dem Trocart vorziehend
— stach es in die grössere der beiden hinteren Geschwülste ge
gen 2£ Zoll tief ein und bildete eine trichterförmige, mit der
Spitze nach Innen gekehrte, aussen 1 Zoll lange Oeffnung. Ein
Strom gelblich-grünen Eiters quoll mir in einem Bogen entge*
gen, durch welchen sich in einem 24 Stunden lang ununterbro
chenen Fluss über vier dresdner Kannen Eiters entleerten. Die
arme Kranke fühlte sich unbeschreiblich erleichtert; und wäh
rend ungefähr acht Tage aus der gemachten Oeffnung, bei pas
sender Lage, noch beträchtliche Mengeu von Eiter ausflossen,
stellte sich, unter einer roborirenden Behandlung, bei besserem
Appetit und erquickendem Schlafe, bald Zunahme der Kralle
ein; der Schenkel konnte allmählich wieder völlig ausgestreckt
werden, und nach wenig Wochen fühlte sich die Frau genesen,
und konnte ihre Geschäfte ungestört wieder vollbringen, ln dem
linken Schenkel blieb nur ein geringes Gefühl von Taubheit und
leichter Ermüdung zurück. Noch war kein ganzes Jahr vergan
gen, als dieselbe Sceue auf derselben Seite des Körpers, doch