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VIII. Staatsarzneikunde. 255
8»raclit werden, kalte Sturzbäder bekommen, nnd die erwähnten
innern Mittel wieder erhalten musste. Nach etwa 14 Tagen trat
wieder Besserung ein, die jedoch nach einiger Zeit mit dem frü
hem Zustande wieder wechselte, in dem der Knabe Tag und Nacht
das unsinnigste Zeug sprach, davon lief und auf der Strasse die
ihm Begegnenden beleidigte. Die kalten Sturzbäder, so wie die
Hungerkur wurden nun wieder angewendet, auch die Ti/ivi. StrÜm.
gegeben. Doch nützte dies Mal dieses Verfahren viel weniger,
ja die Sturzbäder wirkten sogar nachtheilig, indem sie die Un
ruhe vermehrten. Der den Knaben im Lazarethe behandelnde
Arzt liess nun die Sturzbäder aussetzen, und in den Nacken Brech-
w einsteinsalbe reiben, worauf bei starker Pustulation der Zustand
sich so besserte, dass ,Pat. seine Seelenstörung selbst fühlte und
erkannte. Doch trat nach 14 Tagen abermalige Verschlimme
rung ein, war jedoch viel geringer und wechselte bei alleiniger
Anwendung der Brechweinsteinsalbe wieder mit einem sowohl
körperlich als geistig fast, normalen Zustande. Ira Mai kam man
darauf, dass gegen jeden Eintritt des Vollmonds der Zustand sich
Verschlimmert hatte, worauf man beschloss, 8 Tage vor Beginn
des Vollmonds schwefelsaures Chinin anzuwenden. Dies geschah
— und das Uebel kehrte nicht wieder. Eine Geistesverwirrung
der Art bei einem 15jährigen Knaben ist gewiss eben so bemer-
kenswerth, wie die Periodicität derselben. [Casper’s Wochemchr.
/• d. ges. Heilk., 1835, Nr. 20.]
VIII. St AATS ARZT? EIKUNDB.
142. Gutachten über eine tödtliche Kopf- nnd Hals
verletzung. An dem Leichnam eines ziemlich gut genährten
Knaben von 6 — ^ Jahren fand man mehrere erhebliche W unden
im Gesichte, bei denen, ausser den allgemeinen Bedeckungen,
auch mehrere der darunter gelegenen Gesichtsknochen verletzt
waren; beide Nasenbeine fand man in zahlreiche kleine Splitter
zerschmettert, und den Nasenfortsatz des rechten Oberkieferbeins
in mehrere kleine Stücke zerbrochen, und einen Zoll langen
Riss quer durch die vordere Wand des Körpers eben genannten
Knochens. Von dein Nasenfortsatze des linken Oberkieferbeins
war ein 3—4 Lin. langes, und 2 Lin. breites Stück abgebrochen,
und das Zellgewebe in der Gegend dieser Fracturen war mit
dunklem geronnenem Bjute infiitrirt. Auf der Oberfläche des
grossen Gehirns fanden sich, wahrscheinlich in Folge der bei der
Verletzung Statt gefundenen Erschütterung des Kopfes, Blutextra-
vasate. Am Kinne ging eine Wunde durch die Muskeln und
zwischen dem Zungenbeine und Kehlkopfe durch, bis in die hin
tere Wand des Schlundkopfes, trennte den grössten Theil des
Kehldeckels von dem Kehlkopfe, wobei auf der rechten Seite die