244 IV. Mateiia medica und Toxikologie.
zu ermitteln, ob Chlor oder Salzsäure es ist, wovon die erwähn
ten wohlthätigen Wirkungen abhängen. Ausserdem kann durch
Anerkennung der Behauptung des Vrfs. in der Praxis das Chlor
ganz aus dem Arzneischatze entfernt und so der Apotheker der
oft nachtheiligen Bereitung und sorgsamen Aufbewahrung dessel
ben überhoben werden, wie denn überhaupt die Aerzte darauf
denken sollten, den Arzneischatz mehr und mehr vom Unnützen
zu befreien, damit die j\Iedioamententaxe herabgesetzt uud so
wohlfeilere Medicin verabfolgt werden könnte. So lange aber
die Aerzte nicht auf diese Weise mitwirken, ist Ersteres unmög
lich. — Dass der Satz, dass das Chlor als solches nicht in den
Körper aufgenommen werden könne, nicht schon längst ausge
sprochen wurde, ist allerdings sehr zu bewundern, da ja jedem
Chemiker die grosse Verwandtschaft des Chlors zum Wasser
stoffe, auf der das Zerstörungsvermögen der Farben und Mias
men beruht, bekannt ist. Aber so geht es, auf Vieles führt nur
der Zufall und so war es auch hier. Der Verf. löste nämlich 2
Drachmen. Extr. Beilad. mit einigen Unzen Aq. chlorat. auf und
bemerkte in der Auflösung keinen Chlorgeruch. . Er untersuchte
nun das erst vor einigen Tagen bereitete und sorgfältig aufbe
wahrte Chlorwasser durch Indigsolution und fand es ganz gut.
Dies brachte ihn auf den Gedanken, dass bei jeder Verbindung
mit organischen Stoffen sofort Zersetzung entstehe, was sich denn >
auch völlig bestätigte, indem er verschiedene Mischungen, mit
denen das Chlorwasser gewöhnlich verordnet wird und mit denen es
auch Trusen giebt, bereitete, so z. B. Der,. Alth., Syr. Altli.,
Inf. Vuler., Syr. Rub. ldaei. etc. und frisches Chlorwasser. Bei
Alien war das Chlor sogleich verschwunden, und es fand sich
nichts anderes, als Salzsäure vor, wovon sich Jeder leicht über
zeugen kann, wenn er 6ich die erwähnten Mischungen und ne
benbei eine mit blosser Aq. dest. und Aq. chlor, bereiten lässt.
Einige Streifen Lackmuspapier werden dadurch, dass sie nur in
der Verdünnung mit reinem Wasser entfärbt, in den übrigen aber
geröthet werden, zeigen, dass nichts als Salzsäure und keines
wegs Chlor oder chlorichte Säure zugegen ist. Wollte man mehr
Chlorwasser zumischen, so würde man es dadurch unmöglich
machen, dass der Kranke die Medicin verschlucken könnte. Tru-
sen’b Vorschlag, Succ. Liquir. dazu zu setzen, ist aus der Theo
rie entnommen, denn es würde hier eben so schnell, wie ohne
diesen, die Zersetzung eiutreten. — Betrachtet man Chlor und
Chlorkalk als analog in ihrer Wirkung, so kommt das dem Vrf.
eben so vor, als wenn man Schwefel und schwefelsaure Salze 1
für gleichwirkend halten wollte. Der s. g. Chlorkalk ist gewöhn
lich ein Gemisch aus salzsaurem, chlorichtsaurem und reinem
Kalk mit etwas Wasser. Dass dieses Gemisch anders wirkt, als
Salzsäure, welche eine Mischung, zu der man Chlor verordnete,
enthielt, darf wohl nicht erst bewiesen werden. Eben so wirkt
der Cltlorkalk als ßäuchermittei für sich allein mit Wasser an-