200 II. Medicinischc Physik und Chemie.
löst, aus dem er sich jedoch beim Erkalten wieder in Flocken
ausscheidet. Es ist dies dieselbe Substanz, welche John*) ani
malisches Gummi nannte. — 5) Eine nicht unbedeutende Menge
Schleims, wie theils daraus hervorging, dass der Harn schon beim
langsamen Eindampfen grosse Flocken davon absetzte, theils dar
aus, dass der in Wasser unlösliche Theil des festen Harnrück
stands sich nur in concentrirter Essigsäure löste, woraus Gall
äpfelaufguss einen Niederschlag gab. An Schleim war dieser
Harn so reichhaltig, dass der Urin, wenn er unberührt gelassen
wurde, schon nach einigen Tagen viel davon lallen liess. —
6) Ausserdem fanden sich, wie im gesunden Urin, schwefelsaure,
phosphorsaure, salzsaure Salze vor; ja auch etwas Kieselsäure
wurde in der Asche gefunden, welche nach dem Wegbrennen der
organischen Substanzen des festen Rückstands zurückblieb. Von
Basen wurde Kali, Natron, Kalk, Magnesia und Eisenoxyd gefun
den. Da des letztem Gegenwart bezweifelt worden ist, so stellte
ich wiederholte Versuche an, fand dasselbe aber stets in dem in
Wasser unlöslichen Rückstände der Asche an Phosphorsäure ge
bunden. — Dies also die Substanzen, welche in diesem Urine
sich vorfanden. Es bleibt mir nur noch übrig, Einiges über die
Substanzen zu sagen, welche sonst wohl im diabetischen Urin
Vorkommen, in diesem aber nicht gefunden wurden. Von Eiweiss,
von dem man gewöhnlich annimmt, dass es im diabetischen Harne
zu Anfänge und zu Ende der Krankheit vorkomme, wurde selbst
durch die schärfsten lleagentien nicht eine Spur aufgefunden.
Zwei andere Substanzen, welche in diesem Harne nicht entdeckt
werden konnten, sind Harnstoff und Harnsäure. Diese beiden
Substanzen wurden häufig in dem Harne Diabetischer vermisst,
ja von Einigen**) wurde deswegen sogar behauptet: diabetischer
Harn enthalte nie Harnstoff, noch auch Harnsäure. John ***),
Bostock. f) und Andere haben dagegen nicht nur Harnstoff, son
dern auch Harnsäure im diabetischen Urine gefunden. Ich suchte
daher alle Hüll’smittel, welche die neuere Chemie darbietet, zu
benutzen, habe aber auf keine Weise eine von beiden Substanzen
auffinden können. Keineswegs aber glaube ich hieraus schliessen
zu dürfen, dass die Abwesenheit des Harnstoffs zu den charak
teristischen Kennzeichen des diabetischen Urins gehöre; denn
wie sollte auch die Natur mit einem Male einen solchen Sprung
machen, dass heute bloss Harnstoff, morgen bloss Zucker gefunden
würde, und dies in einer zur Heilung sowohl, als zum Unter
gänge so langsam fortschreitenden Krankheit'? Hierzu kommt, dass
man in frühem Zeiten den Harnstoff gewiss übersah, indem man
ihn nicht in so kleinen Mengen zu entdecken vermochte, als dies
*) Chemische Schriften. B. 2. S. 90.
**) Nicolas und Guedeville. A. Geld: Joiim. B. J. S. 343.
***) A. a. O.
f) Vlemoirs of the medical society of London. Vol. VI. p. 237. N. Geh
irn-! Journal. B. 3. S. J95.