Full text: (11. Band = 1835, No. 9-No. 16)

LI. Pathologie, Therapie und mcdiciuische Klinik. 11 
Brechen geneigt war, und die Natur daher, bei heftigem Ver 
langen , dasselbe wahrscheinlich von freien Stücken wiederholen 
würde, in Betracht des bedeutenden Schweisses und besonders 
der grossen Erschöpfung, zog ich vor, die zu erwartende Ruhe 
uicht durch Mittel zu stören. Erst bei meinem heutigen 1* ort 
gehen erfuhr ich, dass mein Verdacht nicht ungegründet gewesen 
war. Den 18. Der Kranke hatte ziemlich gut geschlafen, viel 
dunkeln sedimentösen Harn gelassen. Die Neigung zum Brechen 
minderte sich an diesem Tage immer mehr, dagegen stellten sich 
mehrere durchfällige, sehr stinkende, Stühle ein. Die Brustbe 
engung war ganz geschwunden; der Puls zwar noch voll, aber 
langsam und weich. Fat. soll eine schleimige Fleischbrühsuppe 
erhalten. Im Uebrigen wird fortgefahren. Am 19. traf ich den 
Kranken wieder ausser dem Bette. Er gestand nun selbst, am 
Tage seines Erkrankens über 4 Kannen Branntwein getrunken zu 
haben. Nach Ilegulirung der von nun an zu befolgenden Lebens 
weise, verordnete ich noch, wegen bedeutender Verschleimung, 
und nicht ohne Nebenabsicht, den Brechweinstein in einer Mix 
tur resolvirender Extracte etc., wonach die Cur geschlossen wurde. 
G. heirathele einige Monate hierauf, und schien anfangs ziem 
lich ordentlich zu leben. Einmal behandelte ich ihn jedoch an 
Ilydremesis, wogegen sich der Kupfer-Salmiak-Liquor als prom 
ptes Mittel bewährte, und im Decbr. an einem Krampfhusten mit 
Erbiechen. Beides waren Folgen seiner wieder aufgenommenen 
Gewohnheitssäuferei. — In der Nacht zum 23. April 1833 stellte 
sich Blutspucken ein. Bei meiner Ankunft, 1 Stunde nach Ein 
tritt desselben, mochte ungefähr ein reichliches Pfund ausgewor 
fen seyn. Pat. spuckte noch immer, war sehr erschöpft, das 
Gesicht mit kaltem Schweisse bedeckt, der Puls voll, ziemlich 
schnell und weich. Nach starker Anstrengung und Erhitzung 
sollte sich Pat. geärgert haben. Kanu seyn; doch der wirkliche 
Grund war wiederum der Branntwein, dessen widerlicher Geruch 
die ganze Stube anfüllte. Ob die Disposition bei dem, nun schon 
an öftere Blutentziehungen gewöhnten, G. durch einen länger als 
gewöhnlich verschobenen Aderlass gegeben war, will ich nicht 
in Abrede stellen. Eine Venäsection von 1 Pfd., Serum lactis 
aluminomm etc. Das Blutspucken ward nach und nach schwä 
cher, und schwieg des Morgens 9 Uhr, seit bereits 2 Stunden, 
völlig. Pat. erhielt, ausser der Alaunmolke, Selterwasser in öf- 
tern kleinen Gaben, wonach sich des Nachmittags 2 starke, mus- 
sige, schwärzliche, ungemein stinkende Stuhlentleerungen eiufau- 
den. Gegen Abend gab G. wiederum süsslichen Geschmack an 
und ein Gefühl von aufsteigender Hitze in der Luftröhre; man 
konnte sich leicht von einem wallenden Geräusch durch Anlegen 
des Ohres überzeugen. Ich reichte sogleich eineu Esslöffel Koch 
salz, und beschränkte mich, da trotz eines, nicht zu bewiilti- 
6 c uden, Hustenanfalls nur etwas geronnenes Blut entleert wurde, 
ftui das Ausetzen von 12 Stück Blutegeln. Der Zustand bes-
	        
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