8 II. Pathologie, Therapie uud inedicinische Klinik.
Scheinungen eines Nervenfiebers. Litt besonders das Hirn, so
brachte zuweilen freiwilliges Nasenbluten Erleichterung, wogegen
blutiger Durchfall meist ein ungünstiges Zeichen war. Ein noch
nicht menstruirtes Mädchen von 15 Jahren entleerte gegen Ende
der Krankheit durch den iWastdarm plötzlich einige Pfunde rei
nes Blut und unterlag dann tödtlicher Schwäche. Bei einem
starken 16jährigen Knaben, der das Bild des vollkommensten Ner-
venficbers darbot, beschleunigte passive, nach Aufhören des Durch
falls entstandene und von starker Absonderung eines eiterähnli-
chen, die Luftröhre anfüllenden Schleims begleitete Bronchitis
den Tod. In einigen Fällen war der Kopf, in andern der Un
terleib so heftig ergriffen, dass das Uebel sich mit Gehirn- und
Darmentzündung zu verbinden drohte. Wie jede, so befolgte
auch diese Epidemie einen Gang, in dem man überhaupt Wachs
thum, Höhe und Abnahme bemerken konnte. Sie schloss sich,
anfangs noch ziemlich geliud, an die katarrhalisch-galligen Durch
fälle au, die ihr schon im Oct. vorangegangen waren; sie entwi
ckelte sich dann auf der Höhe in vollendeter Form eines gasirisch
rheumatischen Nerveufiebers und löste sich, Ende Jan. allmäh
lich nachlassend, in einfachere, iieberhal'te Durchfälle auf, die
zwar noch immer schwächten, doch nicht so anhielten und ent
kräfteten. Bei kalter, heiterer Witterung besserte sich der all
gemeine Krankheitszustaud, bei trüber und feuchter verschlim
merte er sich. Im Noy. und Dec. herrschte das Uebel fast nur
bei Armen, im Jan. wurde es auch unter den übrigen Ständen,
aber minder häufig, als bei jenen gefunden. Bald erkrankte in
einem Hause nur ein Individuum, bald die Mitglieder ganzer
Familien gleichzeitig, oder nach einander. Während und neben
der Epidemie mussten überdies auch andere Krankheiten die
Macht des herrschenden Genius erkennen: örtliche Uebel, Gicht
anfälle, Ilämorrhoidalbeschwerden etc. begannen meist mit Durch
fall und oft zugleich mit Erbrechen, und schon geringe Diätfeh
ler reichten hin, um Indigestionen und iieberlose Durchfälle her
beizuführen. — Die Krankheit wollte einfach, aber deshalb nicht
ohne Vorsicht behandelt seyn: die Art der Symptome lud näm
lich zu positivem Verfahren ein, wurde dies aber versucht, so
hatte es nie Besserung, sondern meist nur Verschlimmerung zur
Folge. Wer nur die heftigen Durchfälle hätte stopfen oder der
grossen Schwäche durch Kraftmittel zu Hülfe kommen wollen,
der würde ein Arzt des Todes gewesen seyn. Opium, in jener
Absicht gereicht, beschränkte den Durchfall entweder gar nicht,
oder brachte, wo dieser aufhörte, Vermehrung des Fiebers und
besonders der Kopfschmerzen und Delirien hervor, die so lange
anhielt, bis mit Aufhören der arzneilichen Wirkung die Auslee
rungen reichlich wiederkehrten. Tonische und reizende Mittel,
zu deren Anwendung man sich bei der schnellen Abnahme der
Kräfte leicht aufgefordert fand, wirkten gleich ungünstig und
mussten sogleich wieder ausgesetzt werden. Erst in der Couva-