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VIII. Staatsarzneikunde.
fällen seiner Raserei, sich nnd Andern lebensgefährlich zu werden.
Alle CurVersuche waren erfolglos, so dass er für unheilbar gehal
ten nnd im März 1831 aus dem Lazarethe nach Hause entlassen
wurdei Hier vegetirte er, unter polizeilicher Aufsicht, in gleicher
Art fort, bis zum Mai 1833, wo eine grosse Feuersbrunst in sei
nem Orte ausbrach. Im Augenblicke, wo das Feuer sich seiner
Wohnung näherte und wo es dieselbe ergriff, erwachten seine Gei
steskräfte plötzlich in der seinem Stande und dem Grade seiner Bil
dung angemessenen Art, und einige Tage nach dem Brande fand ihn
O. ganz vernünftig, mit häuslichen Arbeiten beschäftigt. Vom frü
hem Zustande wusste er nichts mehr; er gab nur an, dass er, im
Augenblicke des heraunahenden Feuers von unbeschreiblicher Angst
ergriffen, vom Lager aufgesprungen und plötzlich zu sich gekom
men sey. O., der das in Rede stehende Individuum, während es
im Lazarethe zu Bromberg lag, oft gesehen und beobachtet hat,
bemerkt dabei ausdrücklich, dass an simulirte Krankheit, welche
man vielleicht argwöhnen könnte, hier durchaus nicht zu denken
war. Der Genesene ist bisher geistig ganz gesund geblieben.
[Med. Zeit. v. Vereine f. Heilkunde in Preussen, 1835, Nr. 16.]
VIII. Staatsarzneikundb.
71. Gericht-ärztlich-medicinisches Gutachten
über eine merkwürdige Brustverletzung. Am Abende
des 3. März entstand zwischen den M.’schen Eheleuten ein Streit,
der sich folgenden Tages wiederholte, indem beide Gatten hand
gemein wurden, und der Mann mit einem gewöhnlichen Tisch
messer, welches seine Frau in der Hand hatte, in die Brust ei
nen Stich bekam. Die Wunde befand sich an der linke Seite,
zwischen der 3. und 4. Rippe, ungefähr 1]- Z. vom Brustbeine
entfernt, und war ] Z. lang und einige Linien breit. Die einge
führte Sonde drang in gerader Richtung bis auf den cartilaginö-
sen 1 heil der Rippe, und ein zweiter Canal lief mehr links zwi
schen dem grossen Brustmuskel und dem Zwischenrippenmuskeln
zur Seite; hier drang die Sonde 2 Zoll tief ein. Drückte man
auf die Umgebung der Wunde, so bemerkte man ein Emphysem,
welches sich von oben nach unten, von der 2—5. Rippe, und
von innen nach aussen, von dem cartilaginösen Tlieile genannter
Rippe bis zu deren Curvatur erstreckte. Wenn der Verwundete
ausathmete, so drangen kleine Luftblasen aus der Wunde; die
Inspirationen verursachten ihm heftige Stiche in der linken Lunge,
besonders unter der Wunde, tief konnte der Kranke nicht inspi-
»iren. Der Puls war klein, gespannt und ziemlich frequent; Pat.
wollte viel Blut verloren haben, und auf seinem Gesichte drückte