Full text: (11. Band = 1835, No. 9-No. 16)

124 VII. Psychiatrie. 
ob Erblichkeit, die nach Esquirot, besonders In hohem Ständen 
eine der gewöhnlichsten Ursachen der Seelenstörungen ist, da 
durch gesteigert werde, ist schwer zu beantworten. Masson, 
Cox, Burton u. A. räumen der erblichen Anlage grossen Einfluss 
ein, während Rush u. A. das Entgegengesetzte annehmeu. Doch 
war schon Hippocrates der Meinung der erstem, und es dürfte 
hier sein Grundsatz, um drohende erbliche Uebel abzuwenden, 
die Constitution umzuändern, Anwendung finden. Ob aber das 
Stillen oder die längere Zeit fortgesetzte Absonderung der Milch 
durch Säugen eines Kindes von einer Wahnsinnigen von Nutzen 
für Letztere seyn könne, ist zweifelhaft, doch möglich, beson 
ders wenn die Seelenstörungen wahrhaft körperliche oder orga 
nische Affectionen sind, die sowohl durch psychische, als organi 
sche Reize erzeugt werden können. Hieraus geht noch eine an 
dere Frage hervor, ob man nämlich, wenn auch die heilsame Wir 
kung des Säugens für die Mutter im erwähnten Falle nachgewie 
sen oder zu hoffen wäre, dagegen aber Erblichkeit fürs Kind 
durch das Stillen unterstützt würde, dies auf Kosten des Kindes 
oder seiner geistigen Gesundheit billig einsclilagen dürfte, zumal 
wenn die Mutter zwar wieder hergestellt würde, aber, wie hier 
zu erwarten, wohl nicht lange leben dürfte? Sieht man hierauf 
die Ursache des Uebels, so ist bei dem zerrütteten Ncrvenzu- 
stande die Heilung nicht wahrscheinlich. Störungen des Geistes 
und Gemüths, so wie des Körper«, wie sie hier sich vorfinden, 
lassen sich nämlich schwer und höchstens nur etwas beseitigen. 
■— Unter günstigem Umständen möchte das Säugen von einer 
wahnsinnigen, doch kräftigen und unverdorbenen Person einen 
wohl zu beachtenden Gegenstand der Cur begründen, denn es 
ist ein allgemein angenommener Grundsatz der Therapie der See 
lenstörungen , alle Se- und Excrctionen bei Geisteskranken mög 
lichst zu befördern. [Med. Corresp.-Blatt d. württ. ärztl. Ver* 
eins, Bd. IV, Nr. 20.) 
VII. Psychiatrie, 
70. Heilung eines hohen Grades von Blödsinn 
durch drohende Gefahr des Feuertodes; von Dr. On- 
lenroth in Bromberg. Ein ziemlich robuster Handarbeiter von 
SO und einigen Jahren hatte, an hohem Grade von Stumpf- und 
Blödsinn mit periodischer Raserei leidend, vom Juli 1827 — März 
1831. im Biirgerlazarethe zu Bromberg gelegen. Sein Zustand 
gränzte an Bestialität: er nahm an nichts, was um ihn her vorging, 
Theil, erhob sich nur mit Mühe vom Lager, um sich seiner natür 
lichen Bedürfnisse dicht neben demselben zu entledigen, ver 
schmähte jede Reinigung, versuchte aber in den periodischen An
	        
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