115
VI. Gynäkologie und Pädiatrik.
Streckbette zurück bis um 3 Uhr, wo sie aufs Neue ihre gymna
stischen Hebungen beginnen. Es ist zuin Erstaunen, mit wel
cher Lust die Mädchen, nachdem sie sich etwas eingewöhnt ha
ben, an ihre verschiedenen Uebungen gehen und welche Gewandt
heit und Kraft sie dabei entwickeln. Um 5 Uhr ist die Haupt
mahlzeit, und nach derselben begeben sich Alle bis zum nächsten
Tage aufs Streckbett. — Bouvier wendet von Mitteln zur Beför
derung seines Heilzweckes nur allgemeine und Douche- Bäder
an; von Einreibungen erwartet er nichts. — In einem besondern
Zimmer hat Bouvier die Resultate seiner Behandlungsweise aul-
gestellt in Gypsabgiissen, welche von der Verkrümmung eines
jeden Pfleglings bei seinem Eintritte in die Anstalt nnd bei sei
ner Entlassung genommen werden. Man muss ihm beim Anbli
cke dieser Präparate zu den meisten Erfolgen Glück wünschen,
namentlich wird man staunen, wie die starke Skoliosis eines Säjäh
rigen Mädchens noch so bedeutend gebessert werden konute, wie
es unter Bouvier’s Behandlung geschehen ist.
7 ■■ « „
VI. Gynäkologie und Pädiatrie.
07. Ueber die Convulsionen der Gebärenden; vom
Kreisphys. J)r. Schuster in Hoyerswerda. Unter den die Ge
burt begleitenden Erscheinungen ist wohl keine ergreifender, als
die Convulsionen. — Ehe der Vrf. über diese von Wigaivd s. g.
schweren Convulsionen einige Bemerkungen niederlegt, thcilt
er nachfolgenden, von ihm behandelten und für Mutter nnd
Kind tödtlich gewordenen Fall der Art mit: am 29 August
vor. J. Abends um 11 Uhr wurde S. zu einer Frau gerufen.
Er fand sie auf dem Bettrandc sitzend und über dumpfen Kopf
schmerz, hauptsächlich aber über Präcordialschmerz mit Angst
und Beklommenheit klagend. Während sie diese Beschwerden
zwar gelassen, aber mit immer ängstlicher werdendem Beneh
men erzählte und sich S., da sie hoch schwanger war, nach den
Schwangerschaftsverhältnissen erkundigte, sah sie sich plötzlich,
den Kopf nach links wendend, scheu um, gleichsam als fürchte
sie sich vor einem hinter ihr Stehenden, fcnd indem auch S. von
ihr weg mit dem Gesichte sich nach dieser Seite wendete, glitt
sie vom Bettrande herab und wurde nun von den fürchterlichsten,
weniger nach aussen durch Schlagen nnd Werfen der Extremitä
ten sich äussernden, als vielmehr im Innern wüthenden Zuckun
gen befallen. Während dieser Zuckungen wurde sie mit grosser
Mühe ins Bett gebracht, worauf sich die gewaltigsten Verzer
rungen des Gesichts einfanden, so dass das sonst freundliche
Gesicht dunkelroth wurde und aufschwoll, die Augen stark vor
traten, der Mund sich nach links zog und aus ihm die dicke,
tnit Schaum belegte Zunge weit über die angeschwollenen blau-