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IV. Materia medica und Toxikologie.
worauä Guibert , Büchner und Kleinert Auszüge geliefert haben*
[». Gräfe’8 u. v. Walther’8 Journ. f. Chir. u. Augeiiheilk., Bd. 22,
Hß. 1.]
51. Extractum Belladonnae, in Gestalt von Sup-
positorien an ge we u d et; aus den Papieren des Dr. Voigt
zu Leipzig. — A. W. IIedenus empfiehlt in seiner, 1828 allhier
. erschienenen Schrift: Ueber d. verschied. Formen d. Verenge-
| rung des Afterdarms und deren Behandlung, namentlich S. 12 —
| 39 und 43 die Extracta von Hyoscyamus und von Belladonna ge*
gen spastische Stricturen des Mastdarms, stützt sich dabei auf
3 wichtige Autoritäten und schreibt S. 12 folgende Formel
vor: I^r. A/nyli, Extr. JJyosc. n. oder Belladon. ana 3j, Mucil.
Gi. arab. q. s. ut fiat l. a. Suppositorium. ü. S. Mit Unguentum
Uyoscyami bestrichen einzubringen. —• Da mir die erschlaffende
Wirkung der Belladonna auf die Schliessmuskeln hinreichend be
kannt war, so weckte jene Empfehlung dieses Mittels bei mir
grosses Vertrauen und bewog mich, es bei einer 40jährigen Frau
von Stande, welche an krampfhafter Verengerung des After*
schliessmuskels litt, anzuwenden. Allein da diese Frau von flo-
rider Constitution und bei vorherrschender Sensibilität sehr er
regbar ist, so verschrieb ich nicht eine Drachme, sondern bloss
einen Scrupel von dem Extr. Belladonnae und ein Quentchen
Stärkemehl; liess daraus mit Hülfe des aufgelösten arab. Gummis
ein Suppositorium machen und dieses, mit Speiseöl bestrichen,
appliciren. Letzteres geschah früh um 9 Uhr, nachdem der
Mastdarm durch ein Klystier von lauem Wasser gereinigt wor-
Iden. Gegen 11 Uhr bemerkt Patientin eine auffallende Gesichts*
, röthe und Schwindel. Beide Zufälle nehmen zu und der Schwin*
del war um 3 Uhr so heftig, dass Patientin nicht stehen konnte
und auch im Liegen sich alle Gegenstände um sie zu drehen
schienen. Dabei sah sie alles verdoppelt; die Gefässe der Au*
gen, vorzüglich die der Augenlider, strotzten von Blut; die Pu*
pillen waren dilatirt und ganz unbeweglich; es quälte sie arger
Durst mit Trockniss im Halse und Krampf im Schlunde, so dass
das Getränk erst nicht hinunter wollte und dann gurlend nieder
fiel. Patientin jammerte und fürchtete, „überzuschnappen“; der
Harnabgang stockte gänzlich; der Puls war so accelerirt, dass
ich zwischen zwei Schlägen nur 5 zählen konnte, und die Haut-
temperatur am Kopfe war erhöht, am Körper eher vermindert.
— Wer erkennt in diesem Bilde wohl nicht die Symptome der
Belladonna wieder 1 Das Mittel war in dem gegebenen Falle in
zu starker Dose verabreicht, und dennoch hatte ich nur
das Dritttheil der vorgeschriebenen Gabe verord
net! — Um das verderblich wirkende Suppositorium zu entfer
nen , liess ich sogleich ein eröffnendes Klystier beibringen und
übrigens Gitronenlimonade trinken. Abends gegen 0 Uhr: das
Lavement batte etwas Stuhl und viel Blähungen, aber kein Sup*
positorium abgeführt; jedoch hatten sich alle Zufälle gemil-