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VL. Staatsarzneikunde.
ferner eichtlich und ist jetzt noch ganz gesund und munter.
5 Tage nach Aufhören des Blutabgangs aus den Geschlechtsthei-
jen schwollen die Brüste an, ohne dabei entzündet zu seyn, wie
dies sowohl bei neugeborenen Mädchen, als Knaben nicht selten
vorkommt. — Die unmaassgebliche Meinung des Verfs. über die
ursächlichen Verhältnisse dieser Erscheinung sind folgende: er
hält dies Phänomen. für ein theils auf physiologischem, theils
auf pathologischem Wege erklärbares. Nach HaııerR sind bei
einem eben geborenen Mädchen die untern Gliedmaassen sehr
klein und der grösste Theil des Bliuts der Art, iligca geht in
dem Nabel, ein kleiner ins Becken. Nachdem aber das Kind ge-
boren und die Nabelarterie unterbunden worden ist, steigt alles
Blut der Art. iliaca sowohl in die untern Glieder, als ins Be-
cken hinab. Das Mitgetheilte scheint das Mittel zur Erklärung
dieser Erscheinung auf physiologischen Wege. Pathologische
Bedeutung erhält sie erst durch Unterbindung der Nabelschnur
und zwar namentlich durch voreilige Unterbindung derselben,
Wird nämlich die Nabelschnur zu voreilig unterbunden, zu einer
Zeit, wo Freiheit des Lungenblutlaufs noch nicht gesichert ist,
wo die Nabelgefässe noch pulsiren, so muss das um diese Zeit
von der Iliaca aus noch in die Nabelgefässe strömende Blut noth-
wendig ins Becken hinabgedrängt werden: weil aber der Kreis
lauf noch nicht gehörig regulirt ist, muss daselbst Ueberfüllung
mit Blut eintreten. Wo nun das hier abnorm angesammelte Blut
nicht wieder in den Kreislauf aufgenammen wird, muss es sich
sonst wo einen Ausweg bahnen, und es bahnt sich diesen bei
Mädchen durch die Genitalien. Es wäre demnach diese Erschei-
nung zugleich eine kritische, und wirklich spricht hierfür im obi-
gen Falle einigermaassen das Ruhigerwerden des Kindes in der
Nacht, nachdem das Blut abzugehen begonnen hatte, auch be-
stätigt sie die Annahme Mehrerer, dass das vorschnelle Trennen
des Kindes von der Mutter, durch Unterbindung der Nabelschnur,
den ersten Grund mancher Krankheitserscheinungen enthalte, die
wir bei Neugeborenen, früher oder später, öfters ohue klare
pathologische Einsicht, hervorbrechen sehen. Die oben erwähnte
Anschwellung der Brüste hält C. für consensuell. [Med. Corre-
spondenzblatt d. württ. ärztl. Vereins, Bd. IV, Nr. 11.]
VI. STAAT
„.„NEIKUNDE.
85. Was hat der Gerichtsarzt bei vorkommenden
Tödtungen, nach dem österreichischen Strafgesetz:-
buche zu erheben und zu begutachten? Von Dr. Lan-
GER, Professor zu Gräz. Aus dieser gründlichen und umfassen‘