360 IV. Chirurgie und Ophthalmologie,
202. Eine Kopfverletzung mit tödtlichem Aus-
gange, der durch die angestellte Trepanation nicht
abgehalten werden konnte; vom Hofmed. und Amtsphys.
Dr. DorraüLLER zu Fürstenau. Ein grosser, magerer, doch kräf-
tiger 38jähriger Mann wurde am 30. Dec. 1830 gegen Abend
von einem Armenjäger, dem er sich thätlich widersetzte, mit
einem scharfen Infanteriesäbel an mehreren Stellen, namentlich
am Haupte, schwer verwundet. Er wurde nach seiner + Meile
entfernten Wohnung gebracht und am 31. Dee. früh von einem
Arzte verbunden, Am 2, Jan. Abends erhielt D. den "Auftrag,
den Verwundeten zu untersuchen, welchem Geschäfte er sich
Tags darauf unterzog. Er fand den Verwundeten in den heftig-
sten Krämpfen. Starrkrämpfe wechselten mit den grässlichsten
Convulsionen und Verstand, Sprache und Bewusstseyn waren auf-
gehoben, Der Athem war bald langsam, seufzend, bald heftig,
abgestossen, der Puls weich, langsam, ziemlich voll; der Bauch
weich, der Urinabgang unwillkührlich und der Stuhlgang seit
dem Tage vorher, wo der Verletzte noch ganz bei‘ sich gewe-
sen war. und sich der natürlichen Bedürfnisse entledigt hatte,
Bicht erfolgt. Im Gesichte fand sich häufiger, kühler Schweiss,
die Pupillen waren erweitert, der linke Bulbur nach dem äus-
sern, der rechte nach dem innern Winkel gerichtet, Schlucken
konnte Pat. nicht. Die Verletzungen waren folgende: 1) rechts
auf dem Stirnbeine eine 2 Zoll! T Linie lange und schräge Wunde,
deren erhabenste Stella der Schläfe, die niedrigste den Angen-
braunen zugekehrt war. Die Wundlefzen kluafften in der Mitte,
wo .sich der grösste Abstand fand, 2 Linien von einander, Die
untere Lefze war sehr ödematös., So weit man mit Finger und
Sande nntereuchen konnte, ergab sich, «dass das Stirnhein theila
schräg durchgehauen,. theil® aher eingespalten war. 2) An der
linken flachen Hand eine 2 Zoll 2 Linien lange Hiebwunde, wo-
bei der M. palmaris breris und die Aponeurosis palmaris sehr
Verletzt waren. B) Am linken Vorderarme eine 1 Zoll 10 Li-
nien lange und 2—3 Linien breite Hiehwunde, wobei der M,
palmarie longus und ulnaria internus verletzt waren. 4) Eine
6 Linien lange Hiebwunde am linken Ellenhogengelenke, wobei
der M. anconaeus internus bedentend gelitten hatte, und 5) eine
5 Linien lange, bie in die Muskelsuhrtanz drinzende Wunde am
Jinken Oberarme gleich unter der Insertion dea M, Deltoidel,
Der Verf. kam wegen unverkennharer Hirnerschütterung und el-
nes höchst wahrscheinlich vorhandenen Blutextravasate unter der
vom Sähelhiebe getroffenen Stelle mit dem den Verwundeten be-
handelnden Arzte darüher überein, die Trepanation sogleich vor-
zunehmen. Die Wunde an der Stirn wurde demnach erweitert
und ein loses Knochenstück von der äussern Stirnbeintafel, von der
Grösse eines Achtgroschenstücks, ohne Mühe abgehoben, 80 wie
mehrere kleine Splitter entfernt, worauf sich eine bedeutende,
an die Hauptknochenverletzung im fast rechten Winkel sich an-