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‚11 Materia medica und Toxikologie.
einem Jahre leiden und zuerst durchaus von keiner Ursache et-
was wissen, Die genaue Untersuchung des Ohres und der mit
demselben in Verbindung stehenden Theile — so weit dieselbe
möglich ist — bot nichts Abnormes dar, das.Gehör. war gnt, die
Gehörweite die eines gesunden Öhres, das körperliche Befinden
vollkommen nach Wunsche, der Kopf namentlich frei und die eher
reichlichen als sparsamen Katamenien gehörig im Gange., Das
Klingen, welches Pat. so beschrieb, als ziehe eine Heerde, in
der sich‘ mehrere Stücke mit Glöckchen befänden, in der Nähe
vorbei, sollte sich gleich beim Erwachen. am Morgen einstellen,
den ganzen /Tag über unter allen Verhältnissen gleich stark an-
halten, besonders lästig bei Stille um die Kranke, erträglicher
bei Geräusche seyn und erst Abends mit dem Einschlafen auf-
hören.. Im Verlaufe der Untersuchung ergab es sich,. dass Pat.
früher oft am Schnupfen gelitten habe, jetzt aber von demsel-
ben verschont sey: und ‚zwar seitdem sie das Klingen vor dem
Ohre höre, welches, irre sie nicht ganz, entstanden sey, nachdem
einmal plötzlich der Schnupfen aufgehört habe, Da dieser Um-
stand die Cur anlangend der einzige Punct zum. Anhalten blieb,
der sich bei der Untersuchung der Kranken ergab, so verordnete
ich, an irgend einen metastatischen Process denkend, das Ung.
Autenr. zum Einreiben in die Gegend des. Proc. mastoid. der
linken Seite. Schon den zweiten Tag erschienen in Folge des
KEinreibens an der bezeichneten Stelle einige Pusteln, und das
Ohrenklingen nahm im Verhältnisse, wie die Pusteln sich ausbil-
deten, ab, kehrte aber mit der frühern Stärke zurück, als nach
einigen Tagen die Salbe weggelassen wurde und die Pusteln nun
wieder vertrockneten. Ich liess sogleich das Unguent wieder an-
wenden, und sobald Pusteln erschienen und sich ausbildeten, nahm
auch das Ohrenklingen mehr und.mehr ab, sobald aber mit dem
Einreiben nachgelassen wurde, kehrte das alte Uebel allmählich
zurück. Nachdem sich diess noch einige Male ganz auf gleiche
Weise wiederholt hatte, wendete die Kranke die letzte Hälfte
des Februar und die erste des. März die Salbe unausgesetzt 89
an, dass der Ausschlag gerade nicht zu reichlich und lästig wurde,
aber auch nie zum Vertrocknen kam. Während dieser Zeit ver-
nahm das Mädchen nur anfangs und in der grössten Stille etwas
won dem Klingen vor dem Ohre, später aber gar nichts mehr.
Nachdem bei ununterbrochener Anwendung des in Rede stehen-
den Mittels 3 Wachen durchaus keine. Spur des frühern Uebels
zugegen gewesen war, blieb das Einreiben weg und der Quäl-
geist kehrte nicht wieder! Ende Mai, wo ich das Mädchen zu-
letzt sprach, war es noch ganz frei von demselben, und ich fürchte
auch nicht, dass er später sich wieder eingefunden hat, da das Mäd-
chen, so oft ich es auch nachher gesehen , sich nicht wieder mit ei-
ner Klage an mich gewendet hat. — Hypothesen zur etwaigen Erläu-
terung der Wirkung des Ung. Autenr. in diesem Falle aufzustellen,
dürfte wohl eben nicht schwer seyn, doch es. genüge hier Dur