VII. Thierarzneikunde.
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offenbar in allgemeiner und örtlicher (Abdominal-) Plethora, wel-
che letztere bei dem Rindvieh an sich schon sehr vorwaltet und
leicht durch begünstigende Einflüsse übermässig hervorgebildet
wird, wie dies auch wirklich durch die vorige Sommerwitterung
geschehen war. Die reichliche und nahrhafte Fütterung hatte
die allgemeine und theilweise auch mit die örtliche Plethora er-
zeugt. Als veranlassende Ursache musste wohl gewiss eine Un-
terdrückung der Hautausdünstung angesehen werden, die durch
die Herbstwitterung , besonders in niedrigen, feuchten, an Flüs-
sen gelegenen Orten, so leicht möglich war und um 80 nachthei-
liger wirken musste, als die Haut durch den anhaltend heissen,
trocknen Sommer übermässig und vicarirend thätig geworden und
sich in dieser Thätigkeit bis in den Herbst hinein zu. behaupten
suchte, welches letztere vorzüglich aus den seltenen und trock-
nen Darmausleerungen aller sonst gesunden "Thiere im vergan-
genen Herbste näher erwiesen wird. Die Anlage zu dieser Krank-
heit war unstreitig durch die vorausgegangene Sommerwitterung
und Fütterung erzeugt, die Krankheit selbst aber durch die
Herbstwitterung veranlasst worden. Es.ist nämlich den Heerde-
krankheiten, besonders den Epizootieern, eigen, dass die zu ih-
rer Entstehung erforderliche Anlage durch frühere und ganz an-
dere Witterungs- etc, Einflüsse erzeugt wird, als die sind, wel-
che zur Zeit des Entstehens und Herrschens der Epizootieen
selbst beobachtet werden und als veranlassende Ursachen auftra-
ten: eine für die Veterinärpolizei äusserst wichtige, bis jetzt
leider wenig beachtete, von Vielen noch gar nicht erkannte Wahr-
heit! — Die in Rede stehende Krankheit muss als eine äusserst
acute, mit Peritonitis verbundene, brandige Magend.rmentzün-
dung angesehen werden, die zwar eine ähnliche Anlage, wie der
Milzbrand voraussetzt, keineswegs aber für eine milzbrandartige
Krankheit gehalten werden darf, weil bei ihr die auffallenden
nervösen Symptome, die besondere theerartige Blutentmischung,
die gelbsulzigen Ergiessungen etc., welche insgesammt dem Milz-
brand eigen sind, gänzlich fehlten. Nur rücksichtlich des Ver-
Jaufes und der blutigen Ergiessungen hat diese Krankheit einige
Aehnlichkeit. — mehr aber nicht — mit dem Rückenblute,
einer Krankheit, welche den Uebergang von den reinen Entzün-
dungen zu den milzbrandartigen zu bilden scheint. Ein milz-
brandartiger Charakter ist demnach dieser Krankheit durchaus
abzusprechen. — Das Fleisch der Thiere ist, wenn diese gleich
nach dem Erkranken getödtet werden, gewiss ohne Nachtheil zu
geniessen, — Die Krankheit kann nur auf oben angegebene Weise
am besten und sichersten verhütet werden; Sperrungen und ähn-
liche Maassregeln nützen hier sicher nichts,