Il. Pathologie, Therapie und medieinische Klinik, 19
gegen Mittag anhielt. So fand ich T, am 2. Mai Morgens; obwohl
er, wenn ich ihn ernst und bestimmt anredete, ruhig und zusam-
menhängend auf meine Fragen antwortete , so faselte er doch im-
mer wieder Allerlei durch einander, er war noch immer hastig und
sehr beweglich, Arme, Hände und Zunge zitterten immer noch;
den Kopf fühlte er etwas wüst, aber nirgends Schmerz3; keine Ue-
belkeiten, die Zunge war nur leicht weisslich-gelb belegt, der Puls
mässig voll, weich, nicht beschleunigt. Da nun, wie es schien,
das Wechseifieber für jetzt beseitigt war, so hielt ich es für ange-
messen, der zweiten Indication, gleichsam der vorbereitenden für
die Heilung des Delir, potator., zu genügen (für welche schon
durch die nach dem Brechmittel erfolgten Ausleerungen nicht Un-
beträchtliches gewonnen war), durch Ausleerung der etwa noch
im Darmcanale vorhandenen reizenden Stoffe und Wiederherstel-
lung einer normalen Darmsecretion, um somit einen die Erre-
gung des Gehirns unterhaltenden und vermehrenden Zustand zu
tilgen, damit ich dann endlich mit Erfolg an die Beschwichtigung
dieses Reizzustandes des Gehirns selbst, als an die dritte Indi-
cation gehen könnte; zugleich darf nicht übersehen werden, wie
vortheilhaft durch eine entsprechende Erfüllung der zweiten In-
dication, auch der Rückkehr des Fiebers, eine wesentliche, ein-
Aussreiche Quelle abgeschnitten wurde. Pat. erhielt eine Auf-
lösang von Fel taur. und Sal amar., 2stündlich zu einem Ess-
Jöffel voll. Je näher der Zeitraum, welcher in den vorherge-
henden Tagen und noch am 30. April der jedesmalige Fieber-
anfall eingenommen hatte, seinem Ende kam, desto deutlicher
traten nun auch die mit dem Säuferwahnsinne gewöhnlich ver-
bundenen, eigenthümlichen Erscheinungen hervor; der Kranke
ward immer unruhiger, hastiger, unterhielt sich laut und heftig,
schrie, drohte, lärmte, sprach mit Personen und sah Gegeustände,
die gar nicht vorhanden waren, hörte fremde Stimmen, sah sich
in Gefahr, von einer Höhe herabzustürzen oder ums Leben ge-
bracht zu werden, gewahrte Feuer, sprach viel von dringender
Arbeit, vom Aus- und Nachhausegehen, sprang oft unerwartet
schnell und behende aus dem Bett, verlangte seine Kleider und
war kaum zu erhalten; einige Male verlangte er sehr drohend
Branntwein; mit den Händen und Fingeru machte er die selt-
samsten Bewegungen und Tändeleien, bald als wenn er eiwas
in denselben ‘hielt, oder einem Andern etwas in die Hände schüt-
tete, z. B. Pulver, er glaubte Geld zu zählen u. s. w., wobei er
mit grosser Vorsicht und Genauigkeit zu Werke zu gehen schien,
Zwischendurch hatte er völlig freie und leichte Momente; so
versprach er in einem solchen seiner Frau, die ich mit den Kin-
dern hatte herbeirufen lassen, er wolle sich nun alles Ernstes
den Trunk abgewöhnen und mit ihr recht verträglich leben, Aus-
ser dem fortwährenden Streben, das Beit zu verlassen und an
die Arbeit zu gehen, äusserte er kein besonderes Verlangen,
Appetit hatte er fast gar nicht; die Zunge war fast ganz rein,
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