18 IL Pathologie, Therapie und medicinische Klinik,
leert worden. Hatte ich bisher wegen der vorwaltenden Andi
catio vitae eigentlich nur symptomatisch verfahren können, 80
schien es mir nun, nach Beseitigung der augenblicklich drohen-
den Lebensgefahr, an der Zeit, einen auf eine möglichst um-
sichtig gestellte Diagnose und daraus entwickelte Indicationen ge-
gründeten rationellen Heilplan zu entwerfen. Schon früher ist
angedeutet worden, dass T.’s Krankheitszustand sich als ein mit
Säuferwahnsinn complicirtes und durch diese Complication so-
wohl als durch Vernachlässigung der Krankheit, bei unangemes-
sener, ungeregelter Lebensweise, auf einen so hohen Grad ge-
steigertes dreitägiges Wechselfieber darstellte, als es in den Pa-
roxysmen am 30. April erschienen war. Ich glaubte in den man-
nigfachen aufgezählten Symptomen eben so viele Beweise für die
Richtigkeit meiner Ansicht gefunden zu haben; ich vermochte
leicht mir es zu denken, wie beide Krankheiten eine um 80 in-
nigere Verbindung mit einander eingehen und wechselseitig auf
einander rückwirken und sich gegenseitig unterhalten konnten,
ja mussten, da der Zustand des Magens und Darmcanals, wie
wir ihn in den meisten Fällen vor dem: Ausbruche des Delir,.
potator. und während desselben bei Branntweintrinkern beobach-
ten, bald für sich eben wohl auch zu einer Febr. intermitt. prä-
disponiren, bald, w6 letztere durch andere einwirkende Schäd-
lichkeiten veranlasst wird, durch das Fieber selbst, oder auch
gleichzeitig mit diesem von denselben Ursachen herbeigeführt wer-
den kann. Von der nothwendigen Wirkung dieses Zustandes und
der damit genau zusammenhängenden Complication der beiden
Krankheiten auf das Gehirn ist schon oben die Rede gewesen;
auch war bereits durch das Geschehene der von dieser Seite
her drohenden Gefahr vorgebeugt, wenigstena für den ersten
Anlauf; freilich konnte ich mir nicht verhehlen, dass jeder näch-
ste Paroxysmus jene Gefahr nicht bloss zurückführen, sondern
noch aufs äusserste steigern musste. Meine erste: Sorge ging
deshalb dahin, den gefährlichsten Feind zu gewältigen; als sol-
cher musste offenbar das Fieber selhst erscheinen, ein Mal weil
der frühere Vorgang fürchten liess, der nächste Anfall werde. den
Kranken durch Apoplexie tödten, anderntheile, weil, wenn dies
auch nicht geschah, doch in jedem Falle das Fieber und seine Pa-
roxysmen störend und verschlimmernd auf die andere Krankheit
einwirken, ja wohl deren Heilung, ‘so lange das Fieber noch. be-
stand, unmöglich machen mussten. Ich verordnete daher zu schleu-
niger Unterdrückung des Fiebers, dessen nächsten Anfall ich. am
folgenden Morgen (d. 3. Mai) erwarten musste, 16 Gr. Chinin.
sulph. mit 1 Gr. Op pur. in % Gaben vertheilt, von Abends 9
bis früh 3 Uhr, aller 2 Stunden eine solche Gabe, zu nehmen.
Die Nacht zum 2. Mai verging schlaflos , Pat. schwatzte unanfhör-
lich viel ungereimtes Zeug, wobei er jeden Augenblick das Bett zu
verlassen trachtete; gegen Morgen trat gelinder Schauer ein, dem
ein allgemeiner , reichlicher, warmer Schweiss folgte, welcher bis