Il, Pathologie, Therapie und medicinische Klinik, 208
Rufen beim Namen und Rütteln des Oberkörpers schwer erweckt
wurde, worauf sie die Umstehenden augenblicklich stier ansah,
sogleich aber wieder die Augen schloss, um in Sopor zurückzu-
fallen, öfteres Seufzen, häufiges, plötzliches Verändern der in-
zwischen ruhigen Lage, namentlich des Kopfes, ausserordentlich
erhöhte Temperatur des ‚behaarten Kopfs, Blässe des Gesichts,
zwar nicht sehr harter, aber frequenter Puls, Uebelkeiten und
Erbrechen waren die sich darbietenden Symptome, die denn
auch über Sitz und Wesen des Uebels keinen Zweifel lassen
konnten. E. verordnete sogleich 20 Blutegel, liess das Haar ab-
schneiden und ununterbrochen eine Auflösung von Nitrum und
Salmiak aufschlagen, innerlich aber alle 2 Stunden 2 gr. Kalom.
nehmen, Am’ nächsten Morgen um % Uhr fand er die Kranke
noch soporös, doch leichter zu ermuntern, der Puls war von 115
Schlägen auf 105 zurückgegangen, das Mädchen forderte Wasser
zum Trinken, die Zunge war mässig trocken und weisslich be-
legt, Erbrechen und Uebelkeit hatten aufgehört, der Kopf war
weniger heiss als Tags vorher und ein Verrücken des Kopfes
zeigte an, dass die Kälte von den Umschlägen gefühlt wurde.
Kalomel und kalte Umschläge wurden fortgesetzt, doch steiger-
ten sich schon Nachmittags 5 Uhr die Zufälle wieder zur Höhe
des vorigen Abends. Man setzte hinter die Ohren 15 Blutegel
und behielt Kalomel und kalte Umschläge bei. Nach der Blut-
entziehung lKessen gleich die Zufälle nach. Die Remission dauerte
am Morgen des 11. fort, doch war, wenn auch bereits 30 gr.
Kalom. verbraucht worden waren, noch kein Stuhlgang erfolgt.
Ein Kiystier mit Essig blieb erfolglos. Abends trat wieder be-
deutende Exacerbation mit allen frühern Symptomen ein, doch
gab die aus dem Sopor erweckte Kranke auf die bisher uner-
wiederte Frage: was ihr schmerze, die Antwort: der Kopf.
Wirklich war auch die Hitze desselben so gross, dass die Com-
pressen im Augenblick erwärmt waren, weshalb man Nitrum und
Salmiak durch gleiche Theile Weinessig und Wasser unmittelbar
auf dem Kopfe auflöste. Nächstdem seizte man wieder 20 Blut-
egel an die Stirn, fuhr, da sich Vorboten von Salivation noch
nicht vorfanden, mit dem Kalomel in der erwähnten Gabe fort
und legte an die Waden grosse Senfteige. Nachdem die ganze
Nacht dies Alles von den Eltern sehr sorgfältig ausgeführt wor-
den war, fand E. am 32. Juli Morgens die Kranke etwas besinn-
licher. Aus dem Sopor leichter, als je geweckt, klagte sie über
Wüstigkeit des Kopfs und Schmerz in den Waden, die von den
Abenda vorher gelegten Senfteigen stark geröthet waren, Sie
erkanute den Vf. als ihren Arzt und forderte die ihr jetzt an-
zenehmen kalten Umschläge. Die Temperatur des Kopfes war
viel geringer, das Auge matt, die Pupille erweitert und ihrer Con-
tractilität bis auf einen sehr geringen Grad beraubt. Oeffnung
war noch nicht erfolgt, der Leib war weich, schmerzlos, die
Zunge dick belegt, doch feucht und der Durst mäseig. Schlaf