Full text: (10. Band = 1835, No. 1-No. 8)

VI. Staatsarzneikunde. 
iragenes, reifes, lebensfähiges, lebend zur Welt ge- 
kommenes sey und höchst wahrscheinlich den Tod 
der Erstickung erlitten habe, und nachmals gehörig moti- 
virt und ausgeführt. — Dem einsichtsvollen Inquirenten gelang 
es, die Inquisitin endlich zu dem Geständnisse zu bringen: dass 
der Mord des Kindes, wobei ihr ihre Mutter hülfreiche Hand 
geleistet habe,‘ durch Verschliessen des Mundes mit der 
Hand, und als dies nicht hinreichend gewesen, durch Einhüllen 
in ein Bettkissen, auf welches dickes Bettwerk gelegt worden, 
bewirkt sey. — Sie gab vor, mit Epilepsie behaftet zu seyn, 
brachte auch ein desfallsiges Attest eines geschickten Arztes bei, 
der von ihr in dieser Hinsicht getäuscht worden, um sich da- 
durch dem Gefängnisse und der Strafe zu‘ entziehen. Zu des- 
sen Bestätigung simulirte sie eines Tages auch im Gefängnisse 
heftige epileptische Krämpfe; D. erkannte aber sehr bald die 
Verstellung, die sie auch nach freundlichen Vorstellungen sofort 
eingestand, und es erschien von nun an keine Spur von Kräm- 
pfen wieder. — [v. Siebold’s Journal ete., Bd. 14, St. 2., 18385,] 
163. Gutachten über den psychischen Zustand ei- 
ner angeblich blödsinnigen Inquisitin;}] von Dr. SpaxtH, 
Gerichtsarzt in Günzburg a. d. Donan. Ein 42jähriges Mädchen 
war schon 1625 wegen blutschänderischen Umgangs mit ihrem 
Vater in Untersuchung, ward aber damals als blödsinnig und 
imputationsunfähig entlassen. Es hatte ausserdem noch 3 Kinder, 
zu jedem einen andern Vater, und ging gegenwärtig mit geinem 
5. Kinde schwanger, welches, nach seinem eigenen Geständnisse, 
wieder von seinem Vater war. — Schon in der Untersuchung im 
J. 1825 benahm sich die Person nicht wie eine Blödsinnige. Sie 
bat z. B. das Gericht zu wiederholten Malen, sie mit dem Ver- 
höre jetzt zu verschonen, da ihre Mutter krank liege und ilires 
Beistandes bedürfe, und sic erzählte den blutschänderischen Act 
umständlich. Bei ihrer zweiten Vernehmung erinnerte sie sich 
ihrer frühern Aussage und wusste nichts daran abzuändern. In 
dem Verhöre 1832 erzählte sie die jüngste Vermischung mit ih- 
rem Vater in vollem Zusammenhange, suchte sich von der 
Schuld frei zu machen und gerieth mit ihrem, Betrunkenheit vor- 
schützenden Vater in hartnäckigen Widerspruch, indem sie bei 
ihrer Aussage beharrte. Sie schloss diese Aussage mit den Wor- 
ten: „Seit der Zeit habe ich kein Kind melır gehabt, und ich 
wollte, dass ich mit dem Kinde nicht schwanger ginge. Ich habe 
heute früh, als ich vom Hause wegging, meinen Vater recht 
ausgezankt; allein er sagte kein Wort.‘ — In diesem Verhöre 
benahm sie sich, was die Geberden betrifft, wie eine Blödsinnige, 
aber ein Mal mehr, als das andere, manchmal einfältig, weinte, 
wurde aber gleich wieder ruhig, antwortete erst nicht , dann aber 
ganz schnell und mit kecker Stimme. Die Aussagen der Zeugen 
stellten sie mehr als eine sich Verstellende, weniger als eine Blöd- 
sinuige dar. — Was Vrf. selbst an ilr wahrnahm, besteht in Fol- 
188
	        
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