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VI. Staatsarzneikunde.
surstelle aber losgetrennt, entzündet und mit Blutextravasat be-
deckt; die Hirnhautgefässe, besonders an der Fissurstelle, wo
sich auch zwischen Pia mater und Gehirn ein Extravasat zeigte,
stark mit Blut angefüllt; die Substanz der linken Hirnhemisphäre
sehr roth; im linken Seitenventrikel ein blutiges Extravasat von
etwa 2 Drachm. und den Plex, choroid. zerrissen; über dem Hirn-
zeite und auf der Basis cranü blutiges Extravasat, Keil- und
Stirnbein gänzlich aus ihrer Verbindung getrennt; sämmtliche
Schädelknochen verhältnissmässig sehr dünn, hier
und da durchsichtig, sehr zerbrechlich, besonders
die Stelle, an welcher sich die Fissur vorfand, wo
der Knochen nur 4 Linie dick war. — Alle übrigen Theile
des Körpers waren normal beschaffen. — Das Gutachten der
Obducenten ging dahin: dass die vorgefundenen Verletzungen un-
bedingt und unter allen Umständen für sich allein den Tod zur
Folge haben mussten. — H. aber zır einem Superarbitrium anf-
gefordert, erklärte in Berücksichtigung der vorgefundenen Be-
schaffenheit der Schädelknochen, dass die Verletzungen nur in
Folge der individnellen Beschaffenheit des Denatus den Tod zur
Folge gehabt hätten. [Henke’s Zeitschrift etc. , 1834, 4. Vier-
teljahrheft.)
102. Visum repertum und Gutachten über einen
Kindermord; von Dr. F. W. DonrmüLLER, Hofmedicus und
Amtsphysicus zu Fürstenau bei Osnabrück. In Folge gerichtli-
cher Requisition wurde das vor 6 Tagen heimlich geborene un-
eheliche Kind der unverehelichten 17jährigen M. v. d. H. obdu-
cirt: Das Kind war weiblichen Geschlechts, 174” lang, 5 Pfd.
B Lth. cöln. Gew. schwer; es hatte dichtes, 1“ langes bräun-
liches Haupthaar, gut ausgebildete, harte Nägel an Händen und
Füssen, eine glaite, mit Fett gepolsterte Haut, die geschlosse-
nen Lippen waren von rothbrauner, Wangen, Nase und Stirn
von carmoisinrother Farbe; 4“ vom linken Mundwinkel entfernt
fanden sich 2 kleine 4” Jange Streifen, anscheinend wie gekratzt;
die 10” lange, normale, noch am Kinde vorhandene Nabelschnur
war 3‘ vom Bauche entfernt locker mit Flachs unterbunden, nach
dessen Entfernung man keinen Eindruck an der Unterbindungs-
stelle wahrnahm; die an die Nabelschnur gehende Bauchhaut war
sehr angespannt und ragte 4” hervor, Bauch und Brustkasten er-
schienen auffallend erhaben; die grossen Schamlippen sehr roth
und geschwollen; Nates und After mit Kindspech beschmuzt, am
Rücken, worauf das Kind vorzüglich gelegen, röthliche Flecken;
die Leiche war überhaupt noch frisch, verrieth wenig Leichen-
geruch und wenige Spuren der anfangenden Verwesung. Bei der
Section fand man nach Durchschneidung der allgemeinen Be-
deckungen: auf dem rechten Scheitelbeine, ohne Spur einer Fra-
ctur oder Fissnr des Knochens, von der Mitte bis zur Lambda-
naht, zwischen Pericranium und Galca aponeurotica ein 2“ lan-
ges, 1“ 2” breites Extravasat von fast 1 Drachme, 2 derglei-