178 V. Gynäkologie und Pädiatrik,
Fand ich dieselbe in einem mit Betten belegten Lehnstuhle sitzen,
Sie war von gefälligem Aeussern, hatte blaue Augen, blondes
Haar und besass ein weisses sehr zartes Hantorgan. Man theilte
mir vorläufig mit, dass die Patientin in der Kindheit mit gün-
stigem Erfolge geimpft worden sey, die Masern und Rötheln,
nicht aber das Scharlachfieber gehabt, und ausserdem von an-
dern Krankheiten oder von Würmern keine Spuren gezeigt habe,
aber bis zu dieser Zeit auch noch nicht menstruirt sey. Im Ge-
sicht sah die Kranke sehr blass und verfallen aus und dasselhe
war mit kaltem klebrigem Schweisse bedeckt, die Augen schie-
nen erloschen, glanzlos und fast gebrochen, die Nase war spitz
und kalt, Zunge und Zahnfleisch sahen bleich aus und die er-
stere war etwas schleimig belegt, dabei war die Unterkinnlade
herabgesunken, und der Speichel floss aus dem geöffneten Munde,
Das kaum hörbare Athmen geschah leise zitternd und bisweilen
seufzend, wobei der Athem kalt war. Herz-, Karotiden - und
Pulsschlag gaben sich kaum fühlbar zu erkennen und die Extre-
mitäten waren kalt und feucht. Dass in diesem Zustande ein
gänzlicher Mangel an Esslust Statt fand, bedarf wohl kaum der
Erwähnung, so wie, dass die Kranke eben so wenig Neigung zum
Trinken zeigte. Nur im Anfange der Krankheit hatte sich die
Leibesöffnung, überdies noch sparsam, eingestellt, war aber seit
mehrern Tagen ganz ausgeblieben. Der spärliche Urin sah blass
und wässerig aus. — Dieser an sich so traurige Zustand der Kran-
ken wurde noch durch einen heftigen Schmerz verschlimmert,
der, von der Herzgrube ausgehend, gegen den untern Rand der
falschen Rippen, nach beiden Seiten und dem Rückgrate hin, in
der Tiefe der Brust sich verbreitete und durch ein fortdauern-
des Niesen herbeigeführt und unterhalten wurde, — Neun Tage
vor meiner Ankunft hatte die Kranke von Zeit zu Zeit, dann
öfter und mehrmals hintereinander zu niesen angefangen. Man
hatte diese Erscheinung in den ersten Tagen für die Folgen ei-
nes gewöhnlichen Katarrhe gehalten, und weiter nicht darauf ge-
achtet. Als am dritten Tage der Krankheit jedoch das Niesen
allzuoft sich wiederholte und die Patientin, wie erwähnt wurde,
davon schmerzhafte Empfindungen in der Herzgrube bekam, so
wurde der Ortswundarzt Herrnann um Rath gefragt. Dieser
hielt den Zustand anfangs ebenfalls für katarrhalisch, gab dia-
phoretische Mittel und ordnete eine zweckmässige Diät an. Als
am 4. Tage der Krankheit das Uebel mehr und mehr sich stei-
gerte, wendete H., neben dem diaphoretischen Verfahren, äus-
serlich Einreibungen von Linim. volat. camph. in die Magenge-
gend an, da jedoch das Niesen, seiner ärztlichen Bemühungen
unerachtet , in jeder Minute 6 bis 8 und oft mehrmal sich wie-
derholte und die Schmerzen dadurch immer mehr zunahmen, 80
liess er am 5. Tage das Extract. Hyoscyamı. nigr. in geeigneter
Form und Gabe reichen und ein Vesicator in den Nacken legen.
Den 6. Tag nahm die Krauke das Zxtr, Hyosc. bis Abends 8 Uhr