Full text: (10. Band = 1835, No. 1-No. 8)

118 V. Gynäkologie und Pädiatrik, 
interessanter Fall einer Inversio uteri vor, deren Symptome mit 
denen eines Prolapsus uteri sich so unter einander mischten, 
dass erst viele Untersuchungen der ausgezeichnetsten Geburts- 
helfer Berlins und selbst ein misslungener Versuch der Unter- 
bindung zur Feststellung der Diagnose nöthig waren. Dieser Fall 
nun ist folgender: Eine 24jährige wohlgebaute, in Westpreussen 
lebende Jüdin, seit 6 Jahren verheirathet, wurde vor 5 Jahren 
durch eine Hebamme von einem lebenden Mädchen entbunden, 
Die Geburt verlief scheinbar regelmässig, doch hörten blutige 
Excretionen seitdem nicht auf und traten zur Zeit der regelmäs- 
sig eintretenden Periode noch stärker ein. Erst im Sommer 1833 
suchte sie ärztliche Hülfe, und zwar zuerst in Colberg, wo Dr. 
Sımon Inversio uteri entdeckte und nach gewöhnlicher Art die 
Reposition versuchte. Diese gelang jedoch nicht, und so rieth 
ihr denn Sıxon sich nach Berlin zu wenden, was auch im Oct. 
geschah. Hier sah sie zuerst der G. M. R. Dr. KıLuGE, der das 
Uebel ebenfalls für unvollkommene Inversio uteri erklärte. Wie 
H. später von ihm erfuhr, hatte er an der innern durch den 
Muttermund gegangenen Wand des Uterus mit dem Nagel seines 
untersuchenden Fingers gekratzt, was Pat. deutlich empfunden 
hatte. Wenn auch sein Ausspruch wohl jede Rücksicht verdient, 
so wies er doch die Kranke an den Verf. und verlangte sein 
Urtheil, doch wurde letzterem dies beim ersten Zusammentref- 
fen mit der Kranken so lange verschwiegen, bis diese ein gleich- 
lautendes Urtheil von ihm hörte. Auch H., erklärte: es sey ver- 
altete, von ihrer Entbindung herrührende, unvollkommene Inver- 
sio uteri. Die durch den Muttermund gegangene, innere Wand 
desselben bildete eine einen gewöhnlichen Borsdorfer Apfel grosse 
glatte runde Geschwulst, ging durch die weichen, nicht eben 
gespannten Labia oris gleichmässig in die Höhe und ins Collum 
von allen Seiten gleichsam über, ohne an einer Stelle besonders 
gespannt zu seyn und anzuhängen. Wurde die Geschwulst sanft 
mit einer Stricknadel punktirt, so gab Pat. immer die jedesma- 
lige Anzahl der Punkte an. Auf die Frage: was zu thun? er- 
wiederte der Vf,: „dass, wenn gleich Sıxon die Reposition zwar 
vergeblich versucht habe, diese dennoch nochmals zu versuchen 
sey, ehe man das letzte und einzige Mittel anwende. Dies be- 
stehe im Versuche einer sehr allmählich wirkenden Abschnürung 
des Fundus uteri, wodurch, gelänge dieselbe, die Gesundheit 
völlig hergestellt werden, auch die Frau den ehelichen Verhält- 
nissen wieder nachkommen, nur nicht schwanger werden könne, 
Misslänge dieselbe, oder würde sie gar nicht unternommen, so 
könnten leicht allgemeine Abzehrung oder Wassersucht Folgen 
der Blutverluste, oder krebsartige Desorganisationen Folgen der 
durch das Gehen erregten und stets unterhaltenen Entzündung 
seyn und das Leben qualvoll enden. Uebrigens sey ein Ver- 
such der Art nicht gefährlich, denn könnte sie diese Wochen 
lang andauernde Unterbindung nicht ertragen, so müsste sogleich
	        
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