Full text: (10. Band = 1835, No. 1-No. 8)

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IV. Chirurgie und Ophthalmologie. 
IV. CHIRuRSIE und ÖPHTHALMOLOGIE, 
57. Ueber Trepanation; vom Kreisphysicus Dr. EsER- 
MAIER in Düsseldorf. Die Anzeigen zur Trepanation haben von 
je zu den vielfältigsten Widersprüchen Gelegenheit gegeben. Noch 
jetzt, nachdem der Kampf wieder einige Zeit geruht, herrechen 
über dieselben, so wie über den Nutzen der "Trepanation über- 
haupt, die verschiedensten Ansichten, Etwas Klares. und Fest- 
stehendes ist aber über diese Operation um so nöthiger, -als die- 
selbe nur zu oft auch in forensischer Hinsicht zur Sprache kommt, 
Vergleicht man indessen die gerichtlichen Fälle, in denen die 
Trepanation unternommen wurde, so endigen sie leider gewöhn- 
lich mit dem Tode und dem Gutachten liegt dann das undank- 
bare Geschäft ob, zu erörtern, in wie fern die Operation am 
Tode schuldlos war und wie sie durch die Verletzungen eben so 
angezeigt, als ihre Erfolglosigkeit zugleich bedingt war. Die 
Mehrzahl von Fällen, wo die Trepanation nichts nützte, hat sie 
bei vielen Wundärzten des ersten Ranges um allen Ruf gebracht. 
DrsauLT wandte sie in der letzten Zeit seines Lebens gar nicht 
mehr an, weil der Ausgang stels zu ungünstig sey und LAWRENCE 
tritt dieser Ansicht bei, da auch er die meisten nach ihr sterben 
und nur sehr wenige durch sie gerettet sah. Auch DIEFFENBACH 
hat erst vor kurzem ausgesprochen , dass die Trepanation bei wei- 
tem nicht so oft angezeigt sey, als man gewöhnlich glanbe und 
er früher selbst geglanbt habe. Während aber LAwrRENCE sie 
jedenfalls nur auf die Fälle von Fractur beschränkt wissen will, 
wo sich zugleich Depression mit Symptomen von Druck auf das 
Hirn findet, glaubt Lisron, dass jeder Schädelverletzung durch 
scharfe Körper mit Trennung der Kopfhant und complicirter Fractur 
in der Regel Zersplitternng der innern Tafel folge und dass des- 
halb ohne Weiteres die Trepanation nöthig sey, da schon diese 
Fractur ohne ein schlimmes Zeichen, ohne die geringste Störung 
der Funetionen hinreichend zur frühen Trepanation berechtige 
und noch bevor die innern Risse, die immer grösser, als die 
äussern wären, reizten und dadurch Entzündung verursachen 
könnten. In Deutechland hat LouvrıkeR eben so wenig die sei- 
ner Ansicht entgegengesetzte RıcHTER’s verdrängen können, als 
Zanc, EIcHnergerR, v. Kern u. A, überall geltende Sätze auf- 
stellen konnten, da besonders der Nutzen der prophylaktischen 
Trepanation mit Recht immer noch manchem Zweifel unterwor- 
fen bleibt. Erfahrene Wundärzte scheinen überzeugt zu seyn, 
dass die Trepanation eigentlich nur wenig, oder nichts nütze und 
sie nur zu unternehmen sey, um irgend einem Vorwurfe zu entge- 
hen. Auch MirtzeerR schlägt ihren Einfluss in forensischer Be- 
ziehung als sehr unbedeutend an. Doch mag es wohl der Tre- 
panation, wie so manchem andern medicinischen Gegenstande 
gehen, es mag die Ungewissheit mehr in der Individualität der 
Künstler und Fälle, als in der Natur des Gezenstandes und der
	        
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